Medienmarkt:Sturmwarnung in Baden-Baden

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Die Zeitschriftenverlage und die Presse-Grossisten streiten über die Zukunft des Vertriebssystems. Auch wenn es angeblich um die Zukunft der Branche gehen soll, geht es doch letztlich vor allem um eins: Es geht ums Geld.

Von David Pfeifer

Wie immer geht es ums Geld. Davon sollte man sich durch die vielen Worte nicht ablenken lassen, die zwischen den deutschen Grossisten und einigen Verlagen in den vergangenen Tagen gewechselt wurden. Leider nicht auf dem Jahreskongress der deutschen Presse-Grossisten, der am Dienstag und Mittwoch dieser Woche in Baden-Baden stattgefunden hat, sondern in Interviews mit Branchendiensten.

Grossisten sind dafür zuständig, dass Presseerzeugnisse in Deutschland an die Kioske kommen, und zwar sowohl an das einsame Büdchen auf dem Land wie auch an den üppig ausgestatteten Bahnhofskiosk, der auch Softdrinks und Süßigkeiten verkauft. Die Grossisten bekommen für ihre logistische Dispositions- und Lieferarbeit einen schwankenden, aber durchaus elementaren Teil des Kioskpreises.

Verlage und Grossisten sitzen nicht nur in einem Boot, im Jahr 2003 gaben sie sogar noch eine gemeinsam ausgearbeitete Charta heraus, in der zu lesen war: "Die gebietsbezogene Alleinauslieferung wird als die effizienteste Konsequenz der Essentials, die eine flächendeckende Presseversorgung im Einzelhandel logistisch und wirtschaftlich durch Grosso-Unternehmen sicherstellt, bezeichnet." Etwas kompliziert formuliert meint es: Eine Vielfalt an Zeitungen und Zeitschriften an jedem Kiosk im ganzen Land ist wichtig!

Heute gibt es Internet, und die Kioskverkäufe erodieren

Am Dienstag in Baden-Baden, da sprach man nicht mehr miteinander, sondern eher übereinander. Julia Jäkel, als Chief Executive Officer von Gruner + Jahr eigentlich als Stargast geladen, war verhindert, was als seltsam bewertet wurde, denn eigentlich sollte man ja gleichzeitig hart verhandeln und der sozialen Konvention genügen können. Philipp Welte, ehemals Pressesprecher des Burda-Verlags und seit einigen Jahren im Vorstand, griff am Wochenende noch mal tief ins Vokabular des PR-Managers und bescheinigte den Grossisten Rückständigkeit und Reformunfähigkeit. Mehrfach verwies er darauf, dass das System aus dem "letzten Jahrhundert" stamme. Das ist zwar erst 17 Jahre vergangen, klingt aber älter.

Dazu muss man wissen, dass es für die flächendeckende, monopolistisch aufgeteilte Versorgung durch den Grosso einen guten Grund gibt: Vor etwas mehr als 70 Jahren (also ebenfalls im "letzten Jahrhundert", so lange ist das noch nicht her) war die Presse in Deutschland nicht mehr frei, die Bürger bekamen nur noch Propaganda vorgesetzt, das wollte man für die Zukunft verhindern. Mittlerweile erscheint sogar diese Zukunft überholt: Es gibt Internet, und die Kioskverkäufe erodieren, was Verlage und Grossisten beide trifft. Deswegen wurde auch die Zahl der Grossisten in den vergangenen Jahren durch Fusionen immer weiter reduziert.

In den Verlagen hingegen ist es in Mode gekommen, den Gewinn zu steigern, indem man spart oder andere Erlösmodelle findet als Zeitschriften und Zeitungen. So auch in diesem Fall: 60 Millionen Euro mehr wollten die Verlage aus dem bestehenden Grosso-System ziehen. Man reduzierte nach ersten Gesprächen angeblich auf 30 Millionen, auch darauf ließ sich der Grosso-Verband zunächst nicht ein. Die Verlagsallianz hat nun angekündigt, ein eigenes Vertriebssystem aufzubauen, wenn die Grossisten nicht einlenken.

Es wird sicher bald eine Einigung geben, man braucht sich ja. Bleibt die Frage, warum in den Verlagsvorständen so viel über Vertriebskosten diskutiert wird und eher wenig über publizistische Ideen. Das kann daran liegen, dass dort sehr viele Manager und PR-Profis sitzen, die Gewinn vor allem aus Veränderungen ziehen, von denen weder Schreiber noch Leser etwas haben.

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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