Medien und Politik:Zähmung der Widerspenstigen

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In Griechenland werden in dieser Woche die Lizenzen für Privatsender versteigert. Das Vorgehen ist heftig umstritten, denn es geht um viel mehr als nur um Ausstrahlungsrechte. Es geht um Macht und Politik.

Von Mike Szymanski

Griechenland ordnet seine private Fernsehlandschaft neu. Zum ersten Mal seit Einführung des Privatfernsehens Ende der 1980er-Jahre vergibt der Staat landesweite Sendelizenzen in einem Bieterwettstreit. Die Interessenten gaben ihre Gebote seit Dienstag unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und in einem von der Außenwelt abgeriegelten Gebäude am Rande des Stadtzentrums ab, das sie nicht einmal nachts verlassen durften: So viel Ordnung und Aufsicht herrschte wohl noch nie in der Branche. Künftig gibt es nur noch vier statt acht landesweite Privatsender. Es geht aber um mehr als um Senderechte. Es geht um Politik und Macht.

Die vom Linkspolitiker Alexis Tsipras geführte griechische Regierung holt nach, was die Vorgängerregierungen gescheut haben. Seitdem vor mehr als 25 Jahren mit Mega Channel die erste Privat-TV-Station den Betrieb aufnahm, wurden Lizenzen "befristet" vergeben, manchmal erst nachträglich erteilt. Transparente Auktionen gab es nie, und alle Versuche, sie einzuführen, scheiterten am Willen der jeweiligen Regierung. Im Mediengeschäft tätig waren traditionell mächtige Leute, Reeder etwa und Bauunternehmer, die an anderer Stelle von Aufträgen des Staates profitieren. So entstand aus Sicht der heutigen Syriza-Regierung über Jahrzehnte ein Geflecht, in die dem Korruption gut gedeihen konnte. Es gibt auch ein griechisches Wort dafür: Diaploki.

Keine Regierung wagte es zuvor, es sich mit den Medienbaronen anzulegen. Für die Senderechte hieß das in der Vergangenheit: Was nicht passt, wird passend gemacht. Alle großen Sender gelten als verschuldet, aber die Banken gaben bereitwillig immer weiter Geld. 2014 wurden die Verpflichtungen der Sender bei Kreditinstituten auf mehr als 700 Millionen Euro beziffert, heute dürfte die Summe noch deutlich darüberliegen. Mega Channel konnte wegen seiner finanziellen Schwierigkeiten gar nicht erst am Bieterwettstreit teilnehmen. Der Anfangspreis für jede Lizenz war drei Millionen Euro, die Bieter mussten von ihren Banken Nachweise erbringen, dass sie finanziell in der Lage sind, auch mitzuhalten. Ausgeschlossen von der Aktion waren auch Unternehmen, die noch offene Steuerschulden haben.

Das Verfahren ist neu, die Bieter aber sind lauter alte Bekannte

Tsipras dürfte es gar nicht so unwillkommen sein, zuzusehen, wie manchem Sender nun die Puste ausgeht. In seinen anderthalb Jahren an der Regierung haben ihm Privatsender das Leben schwer gemacht. Den Staatssender ERT, der zuvor Sparmaßnahmen zum Opfer gefallen war, hat er wiederbelebt. Als er im Krisensommer 2015 ein Referendum über die von Europa aufgezwungene Sparpolitik initiierte, stellten sich die meisten Privatsender gegen den Premier. Selbst beim Fernsehduell vor der Neuwahl im September beharkten Tsipras und die Journalisten sich. Das ist einer der Gründe, warum man bei Journalistengewerkschaften und in der Opposition behauptet, Tsipras versuche mit der Auktion lediglich, Kontrolle über die Widerspenstigen zu gewinnen. Dass es nur noch vier Lizenzen geben soll, bewerten sie als Strafaktion. Der Werbemarkt gebe halt nicht mehr her, argumentiert die Regierung. Der ist krisenbedingt auf ein Fünftel zusammengeschrumpft.

Wird jetzt auf einmal alles anders in Griechenland? Das Verfahren ist zwar neu, der Bieterkreis aber voller alter Bekannter: der Vardinogiannis-Clan, die Kyriakou-Familie, der Reeder Giannis Alafouzos. Neu in dieser Runde: unter anderem Ivan Savvidis, Besitzer des Fußballklubs Paok Thessaloniki. Um die vierte Lizenz wurde am Donnerstag noch heftig geboten. Die Regierung hofft auf Einnahmen von mindestens 60 Millionen Euro.

© SZ vom 02.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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