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Regionalzeitungsverlage gelten gerne einmal als wenig innovativ. Eine Tagung des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger in Hamburg wollte deshalb zeigen, dass es in der Branche sehr wohl einige interessante Ideen für die Zukunft gibt.

Von René Martens

Regionalzeitungsverlage gelten gerne einmal als wenig innovativ, große Aufmerksamkeit erregen sie oft nur dann, wenn sie Mitarbeiter entlassen müssen. Dass es trotz dieses Images in der Branche viele zukunftsträchtige Ideen gibt, wollten in der vergangenen Woche der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und die zum Verband gehörende ZV Akademie beweisen. Zur Tagung "Local at its best" hatten sie Referenten aus Deutschland, Österreich und Schweden in die Hamburger Speicherstadt eingeladen.

Sonja Ettengruber, leitende Redakteurin bei der Mediengruppe Straubinger Tagblatt/ Landshuter Zeitung, beschrieb zum Beispiel, wie man dort junge Leser an die Zeitung bindet. Der Kern des Konzepts ist die "Freistunde", eine sechsseitige Zeitung, die einmal wöchentlich 15 Lokalausgaben beiliegt. Die Marke "Freistunde" haben Ettengruber und ihr Kollegen mittlerweile weit ausgedehnt. So organisieren die Niederbayern unter dem Titel "Freischauze" Poetry-Slams, deren beste Beiträge wiederum in der Edition Freistunde als Buch erschienen. "Man muss die Jugendlichen als lokale Helden beschreiben", sagte Ettengruber. Als Rückkanal für den Kontakt zur jungen Zielgruppe sei derzeit Snapchat "das Mittel der Wahl", so Ettengruber. Hier senden die "Freistunde"-Macher auch eine Art Daily Soap aus dem Redaktionsalltag sowie ein Nachrichten-Quiz. Facebook sei für die unter 20-Jährigen dagegen "mittlerweile kalter Kaffee", erklärte die Redakteurin in Hamburg.

Spiele der 5. Liga zeigt die Zeitung auf ihrer Website

Matthias Paul, Herstellungsleiter für Film und Video bei der Medienholding Nord, war zur Tagung eingeladen, weil sein Unternehmen, zu der der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag (SHZ), die Schweriner Volkszeitung und seit Kurzem die Neue Osnabrücker Zeitung gehören, Livestreams produziert. Das tue derzeit kein anderer Regionalverlag, so Paul. Sein Team hat regionalpolitische Talks, Konzerte und vor allem Fußball im Programm. Während sich in Bayern in Sachen Bewegtbild-Berichterstattung vom Amateurfußball Zeitungshäuser und Fußballverband vor Gericht auseinandersetzen, ist das Verhältnis im Norden kooperativ. Eine "vierstellige Summe" pro Saison zahle der SHZ-Verlag dem Schleswig-Holsteinischen Fußballverband, um etwa ausgewählte Spiele der Oberliga (fünfte Liga) übertragen zu können, erklärte Paul. Beim Livestreaming des "Hallenmasters", der regionalen Hallenfußballmeisterschaft, verweilten die Nutzer durchschnittlich 21 Minuten auf der Seite, betonte er. Sonst seien es bei Nachrichtenangeboten zwei bis drei Minuten.

Mit redaktionellen Inhalten allein ist das Konzept der SHZ allerdings kein Geschäftsmodell. "Livestreaming für Geschäftskunden" biete man daher auch an, räumte Paul ein. Zuletzt übertrug man die Jahreshauptversammlung einer Genossenschaft. Auch das ist 2016 ein Teil von "Local at its best".

© SZ vom 05.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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