Julia Roberts:"Zwiebel für Zwiebel"

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Oscar-Preisträgerin Julia Roberts über ihre erste Hauptrolle in einer Serie und ihre liebsten Serien als Zuschauerin.

Interview von Patrick Heidmann

Julia Roberts kann witzig sein und schwermütig, ist seit dem Klassiker Pretty Woman 1990 ein internationaler Star und erhielt 2000 einen Oscar für ihre Hauptrolle in Erin Brockovich. Ein Gespräch über ihre neue Rolle im neuen Format.

SZ: Miss Roberts, in Homecoming spielen Sie Ihre erste Serien-Hauptrolle. Hatten Sie das Gefühl, Neuland zu betreten?

Julia Roberts: Eigentlich nicht. Vor 20 Jahren wäre das vielleicht anders gewesen. Aber heutzutage leben wir doch in Zeiten, in denen das Format einer Geschichte und vor allem die Art und Weise, wie sie konsumiert werden kann, mindestens zweitrangig sind. Was zählt, ist nur noch die Geschichte selbst, also die Kreativität, die in sie hineingesteckt wurde. Und zumal für mich als Darstellerin hat es ohnehin bei der Arbeit keinen Einfluss darauf, in welchem Medium oder auf welcher Plattform das Ergebnis am Ende zu sehen ist.

Aber schon die Produktionsbedingungen sind doch bei einer Serie häufig ganz anders als bei einem Kinofilm.

Nicht in diesem Fall. Mein Arbeitsalltag fühlte sich kein bisschen anders an als sonst, was natürlich auch daran lag, dass nicht jede Folge von Homecoming einen anderen Regisseur hat, sondern Sam Esmail von Anfang bis Ende alles selbst gemacht und seine Vision umgesetzt hat. Wir haben die kompletten Dreharbeiten so gehandhabt, wie wir das auch bei einem Film gemacht hätten. Ich habe beispielsweise gleich zu Beginn alle Drehbücher in einem Rutsch gelesen, nicht häppchenweise.

Wie würden Sie denn Esmails Vision beschreiben?

Das soll er besser selber machen. Der Mann ist so klug, dass ich seiner Vision mit Worten nicht unbedingt gerecht werden kann. Aber lassen Sie es mich so sagen: Ich habe das Glück gehabt, in meiner Karriere mit ein paar ganz großen Regisseuren zu arbeiten - und Sam steht ihnen in nichts nach. Ich würde durchaus das Wort Genie verwenden, um ihn zu beschreiben. Und das Schönste an der Arbeit mit ihm ist zu sehen, wie sehr er sie liebt. Es gibt nicht viele, die wirklich jeden Morgen mit einer derartigen Freude und Begeisterung am Set auftauchen. Er hat uns alle angesteckt.

Sie spielen eine Frau, die aus dem Krieg heimgekehrten Veteranen hilft. Haben Sie sich zur Vorbereitung mit Therapeutinnen getroffen, die Ähnliches tun?

Nein, gar nicht, auch nicht mit echten Soldaten. Ich hatte nicht das Gefühl, dass die Serie uns allgemein und wahrhaftig etwas über deren Situation erzählen will. Die Welt, die unsere Serie kreiert, ist eine fiktive und überhöhte, die ganz auf diese eigens dafür erfundenen Figuren zugeschnitten ist. Da hätte mich das Gespräch mit einer echten Therapeutin nicht wirklich weitergebracht.

Dennoch steckt im Kern der Geschichte ein Stück amerikanische Lebensrealität.

Selbstverständlich. Hunderte Männer und Frauen bringen jedes Jahr große Opfer, um für unser Land zu kämpfen und nicht zuletzt für unsere ganz individuelle Freiheit. Sie leisten etwas ganz Außergewöhnliches, was sie vom Rest der Gesellschaft unterscheidet und wovon diese enorm profitiert. Aber wenn sie dann zurück nach Hause kommen, sind sie praktisch unsichtbar. Dann sind sie Zivilisten wie jeder andere, und das, was sie erlebt haben, wird praktisch nicht mehr wahrgenommen. Dass man daran zerbrechen kann, leuchtet mir ein. Und ich würde ohne Frage sagen, dass es diesbezüglich einiges zu tun gibt.

Ganz andere Frage noch : Was sehen Sie sich denn eigentlich privat so für Serien an?

Ich bin leider nicht die größte Serienexpertin. Fernsehen spielt in meinem Leben keine allzu große Rolle, einfach weil ich leider nicht so viel Zeit dafür habe. Auch jenseits der Arbeit, denn wenn der Familienalltag mit den Kindern rum ist, bin ich meistens zu müde, um noch lange etwas zu gucken. Aber Ozark hat mir gut gefallen, The Handmaid's Tale auch. Oh, und natürlich Big Little Lies! Was für eine tolle Serie.

Die geht demnächst in die zweite Staffel, und auch mit Homecoming wird es weitergehen. Wissen Sie schon, was Sie dann erwartet?

Lassen Sie uns doch mal eine Zwiebel nach der nächsten schälen. Dass mich gerade alle nach der zweiten Staffel fragen, bevor irgendwer überhaupt die erste gesehen hat, irritiert mich. Das ist, wie wenn man zu einer Party kommt und als Erstes gefragt wird, wann man wieder geht. Lasst uns doch erst einmal genießen, was wir hier gerade vor uns haben, und nicht den Blick schon wieder in die Zukunft richten.

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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