Jelinek-Hörspiel:Der Erste und das Letzte

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Auch Künstler stehen vor der Frage, was sie Donald Trump entgegensetzen sollen. Elfriede Jelineks Antwort: Alles! Karl Bruckmaier hat ihren Text "Am Königsweg" für den Bayerischen Rundfunk als Hörspiel inszeniert.

Von Stefan Fischer

Die Frisur von Donald Trump wird gern verspottet - und damit auf lächerliche Weise verkannt: Ist des US-Präsidenten feines Haar-Gespinst doch eine Krone. Die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek lässt Donald Trump, ohne dass sein Name fallen würde, als absolutistischen Monarchen auftreten in ihrem Text Am Königsweg, den Karl Bruckmaier für den BR als Hörspiel in zwei Fassungen inszeniert hat: als Fünfzigminüter und als fünfeinhalbstündigen Dreiteiler.

Nicht nur Journalisten und Comedians, auch Künstler stehen vor der kniffligen Frage, wie sie Trump begegnen, was sie ihm entgegensetzen sollen. Jelineks Antwort: alles! Die antiken Mythen und Shakespeares Königsdramen sind ihr Referenzraum, mit all den Lears und Kreons und Richards und Ödipussen - so pompös abgründig ist ihr das Trump'sche Amerika und dessen Machthaber. Zugleich, diese Intention ist da, schrumpft Trump im Schatten dieser urtypischen Despoten womöglich auf ein Maß, das sich - emotional und verstandesmäßig - dann doch irgendwie handhaben lässt.

Nicht nur der Monarch ist auf dem Holzweg, auch sein Gefolge

Am Königsweg, bei diesem Titel denkt man den Holzweg automatisch mit. Auf diesem Weg, wie auch immer man ihn je nach Standpunkt klassifiziert, befindet sich nicht nur der Monarch, sondern auch sein Gefolge - und womöglich auch die Widerstandsbewegung. Es kann nur eine Weltanschauung geben, weil es nur eine Welt zum Anschauen gibt, heißt es sinngemäß in dem Hörspiel. Wer jedoch so denkt und daraus Deutungshoheit ableitet, macht sich gar nicht mehr die Mühe, sich die Welt tatsächlich einmal anzuschauen. Es geht viel um Borniertheit und Anmaßung. Elfriede Jelinek entwirft das große Bild eines politisch-finanzkapitalistischen Komplexes, der durch und durch marode ist, moralisch ohnehin, aber auch ökonomisch. Ein Staat und ein Herrscher, so lachhaft wie in Alfred Jarrys Groteske König Ubu. Aber Jelinek ist nicht zum Lachen zumute, trotz Ironie und mancher Kalauer - dieser Mann sei "das Alpha und das Omega", also sowohl der Erste als auch das Letzte.

Es geht der Schriftstellerin um Wahrhaftigkeit und Hellsicht inmitten eines Diskurses, in dem scheinbar alles gleich wahr oder falsch, also beliebig ist. Es geht darum, auf der richtigen Seite zu stehen - die aber nicht markiert wird, indem man Trump und seine Wähler diffamiert, das erledigen die ohnehin selbst und oftmals besser. Jelinek macht die zugrunde liegenden gesellschaftlichen Mechanismen kenntlich und fordert Haltung ein.

Karl Bruckmaier hat den Text auf dreizehn famose Sprecher verteilt, die zum Teil mit Karikaturen von Stimmen reden, sei es Kermit-haft oder hintertrieben wienerisch. Und er hat ihn musikalisch rhythmisiert, sodass man leichter einen Weg findet durch das Dickicht aus Gedanken, Argumenten, Anspielungen und Zweifeln. Am Königsweg ist eine sehr ernsthafte künstlerische Antwort auf Trump, gerade weil sie nicht eine Selbstgewissheit suggeriert, die sich in moralischer Überlegenheit gefällt.

Am Königsweg - Kurzversion , Bayern 2, Sonntag, 15.05 Uhr. Am Königsweg - Dreiteiler , Bayern 2, am 8., 15. und 22. Juli, jeweils 15.05 Uhr.

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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