Im Radio:Traumfrau

Ist Werbung die wahrhaftigste Form von Kunst? Ein Hörspiel über eine geheimnisvolle Künstlerin wird zum hochspannenden Verwirrspiel.

Von Stefan Fischer

Hörspiele können jederzeit so tun, als wäre alles wahr, wovon sie erzählen. Der Schriftsteller und Regisseur Jakob Nolte zieht sein Stück Unbekannte Meister 4 auf wie ein Feature aus einer Porträt-Reihe. Und was sollte auch nicht stimmen an der Lebensgeschichte der Klara Khalil? Eine Künstlerin, die erkannt hat, dass Werbung die aufrichtigste Form von Kunst und Gesellschaftskritik ist. Weil Werbung als solche kenntlich ist. Anders als zum Beispiel dieses Hörspiel selbst, das unterhaltend ist und informativ, aber eben auch Reklame macht für den kulturellen Anspruch des Senders und das Können der Beteiligten.

Nolte macht diese Biografie scheinbar dingfest, mit Daten und Orten, mit realen Personen, die Einfluss ausgeübt haben auf Khalil. Ein Fiktion ist das alles, die eine Leerstelle in der Realität ausfüllt. Nolte erfindet Klara Khalil, weil es sie geben sollte: eine Frau, die Werbung ganz ehrlich meint. Werbung hat klare Botschaften. In der kapitalistischen Ausprägung sind sie geschönt, verlogen. Setzt man die Mittel aber aufrichtig ein, erreicht Werbung eine Wahrhaftigkeit, an der die Kunst immer vorbeischrammt.

Das ist die philosophische Versuchsanordnung des Hörspiels. Nolte spielt sie elegant durch, baut Widerhaken ein, denen er in der Folge geschickt ausweicht. Mit einer letalen Konsequenz für seine Hauptfigur, die bereits tot ist, als das Experiment beginnt. Das ist die erbarmungslose Realität dieser Erfindung.

Unbekannte Meister 4 , Bayern 2, Sonntag, 15.05 Uhr.

© SZ vom 07.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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