Hörfunktipps zu Ostern:Schauergeschichten

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Eine Räuberpistole aus einem fiktiven Chicago 1924: Oliver Mommsen, Susanne Schrader und Simon Zigah bei einem Gangster-Coup. (Foto: Radio Bremen/Wolfgang Seesko)

Bei Austen spukt es, bei Balzac ist der Wahnwitz immens. Es geht wüst zu über die Feiertage in den Hörspiel-Mehrteilern.

Von Stefan Fischer

Northanger Abbey, Hörspiel, HR 2, Sonntag, 14.04 Uhr

Tief sitzt der Provinzfrust in Englands Gesellschaft des späten 18. Jahrhunderts, zumal bei Heranwachsenden. Sie wollen etwas erleben, also schickt Jane Austen sie in den mondänen Kurort Bath. Für viele eine Offenbarung, die jedoch hinter Fassaden des Schicklichen versteckt werden müssen. Silke Hildebrandt hat dieses Intrigenspiel, das auch eine Satire auf die Schauerromane der Zeit ist und Austens ironische Seite am besten zeigt, als Hörspiel inszeniert, mit Ulrich Noethen als Erzähler (Teil 2: Montag, 14.04 Uhr). Mit weitaus offenerem Visier beharken sich die Figuren in Honoré de Balzacs Groteske Eugénie Grandet. Die Gier nach sozialem Aufstieg ist noch weitaus größer als bei Austen, die Figuren sind deutlich ruchloser - und auf ihre Weise auch lächerlicher in ihrer Verbissenheit (SR 2, Teil 1 unter sr2.de / hoerspielzeit, Teile 2 und 3 am Samstag und Sonntag, 19 Uhr).

An den Mauern des Paradieses, Hörspiel, Bayern 2, Sonntag, 21.05 Uhr

Schwer zu sagen, wann diese Geschichte spielt. In jedem Fall reicht sie weit zurück, in jene Zeit, in der die Legenden der Genesis verankert sind; sie streift definitiv die Gegenwart und führt in eine diffuse Zukunft. Im Zentrum des Hörspiels stehen ein Orientalist und ein gigantisches Staudammprojekt, durch das der Persische Golf trockengelegt werden soll. Es geht um Land, Macht und darum, Millionen Migranten abzuhalten. Eine rätselhafte Albtraumszenerie, von Ulrich Lampen inszeniert, deren einzige Gewissheit eine vielschichtige Bedrohungslage ist (Teil 2: Montag, 21.05 Uhr). Zugleich biblisch und gegenwärtig ist auch das Hörspiel Evangelium Pasolini, das mehrere Erzählungen ineinander verschachtelt. Ausgangspunkt ist Pier Paolo Pasolinis provokanter Film Das 1. Evangelium des Matthäus (DLF, Samstag, 20.05 Uhr).

Das Phantom der Oper, Hörspiel, Kulturradio RBB, Sonntag, 14.04 Uhr

Nicht bittere Realität, sondern starke Fiktion, in der Paris in den Grundfesten erschüttert wird: Das Opernhaus der Stadt wird vom Ort des höchsten Kunstgenusses zu einem, an dem es um alles geht, ums Überleben. Fürs Publikum, vor allem aber für drei Menschen, die in einem Liebesdreieck verstrickt sind, aus dem keiner ohne Schaden hervorgeht. Ein Thriller, den Regine Ahrem als Kunstkopf-Produktion inszeniert hat, also mit 3-D-Sound - und mit einem tollen Ensemble: Matthias Habich, Fabian Hinrichs, Marina Frenk, Udo Schenk ... (Teil 2: Montag, 14.04 Uhr). Auch bühnenreif: Chris Thorpes Status. Das Hörspiel ist der Auftakt der Reihe Dramajetzt! des HR, der fortan neue Theaterstoffe fürs Radio adaptieren will. Dieses akustische Road Movie lotet angesichts des Brexits Fragen nationaler Zugehörigkeit aus (HR 2, Samstag, 23 Uhr).

Dickie Dick Dickens, Krimi-Hörspiel, Bremen Zwei, Montag, 21.05 Uhr

Eine deutsche Satire auf die Hardboiled-Krimis aus den USA, von Dashiell Hammett also, Raymond Chandler, Mickey Spillane. Dickens ist ein Gentleman-Gauner, der die Polizei von Chicago ebenso narrt wie den Rest der Unterwelt. Von Rolf und Alexandra Beckers Hörspielserie gibt es mehrere Fassungen, eine ist von Radio Bremen aus den frühen 1960ern. Nun hat das Theater der Stadt den Auftakt der Abenteuer als Live-Hörspiel aufgeführt, in Zusammenarbeit mit dem Sender, der den Mitschnitt jetzt ausstrahlt. Das Kontrastprogramm bietet der Krimi Die schwere Hand von Dror Mishani, der absolut nichts Humorvolles an sich hat. Vielmehr erzählt er in einer erschütternden Charakterstudie von der Hilflosigkeit eines Mannes, mit der Vergewaltigung seiner Frau umzugehen (NDR Info, Samstag, 21 Uhr).

© SZ vom 20.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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