Harald Juhnke:Viel mehr als ein Trinker

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Harald Juhnke (1929-2005). (Foto: Teutopress)

Liebevoller Blick? Eine ZDF-Dokumentation wird dem großen Schauspieler Harald Juhnke nicht gerecht, der demnächst 90 Jahre alt geworden wäre.

Von David Denk

Am 10. Juni würde Harry Heinz Herbert Juhnke, Künstlername Harald, 90 Jahre alt - wenn er nicht am 1. April 2005 gestorben wäre. Die tragischen Umstände seines Todes sind aus der Boulevardpresse hinlänglich bekannt. Das hält das ZDF nicht davon ab, den Geburtstag zum Anlass zu nehmen, noch einmal die Geschichte von Juhnkes Niedergang zu erzählen.

"Harald Juhnke eine deutsche Legende" heißt der Film aus der Reihe ZDF History. Autor Uli Weidenbach wirkt beinahe manisch auf das Thema Alkoholsucht fixiert, das Juhnkes Karriere zwar stetig begleitet und zeitweise bestimmt, sie aber nicht ausgemacht hat. Was eine Feier des großen Volksschauspielers und Publikumslieblings Juhnke hätte werden können, wird so zu einem billigen Melodram, das dessen Können und Kunst nicht gerecht wird.

Mit dem Tod gibt man nicht nur das Leben ab, sondern auch die Deutungshoheit darüber - ein Phänomen, das dieser Film beinahe lehrbuchmäßig vorführt. "Beruflicher Erfolg, privates Glück - nichts kann den Teufelskreis durchbrechen", heißt es darin etwa. Noch weiter in Juhnkes Kopf und Seele hinein kriecht etwa Biograf Harald Wieser, der eingängige Bilder findet, die aber spekulativ bleiben. "Wenn er spielen durfte, dann war jeden Tag Silvester im Kopf dieses Mannes", sagt er, "und wenn das nicht ging, war Leere und die in der Leere lauernde Gefahr". Als gesichert darf allenfalls gelten, dass Sohn Peer und Juhnkes langjähriger Manager Peter Wolf keine Freunde mehr werden. Eine "Cashcow" sei der Vater gewesen, sagt Peer Juhnke, von dessen Umfeld "vermarktet bis zum Teufel komm raus".

Näher kommt man Harald Juhnke allein in den Statements seiner Kolleginnen, die sich bei allen Tücken und Härten durchweg glücklich zeigen, dass sie mit ihm arbeiten durften. "Etwas hat ihn ausgezeichnet, was man nicht lernen kann", sagt etwa Ein verrücktes Paar-Sketchpartnerin Grit Boettcher und scheitert daran, es zu beschreiben. Und Brigitte Grothum, mit Juhnke im Ensemble der Serie D rei Damen vom Grill, bewundert ihn für seine Leistung in der Fallada-Verfilmung Der Trinker: "Dass er das gespielt hat und auch wirklich gespielt hat, in der Zeit nicht betrunken war, das ist für mich ein Phänomen." Man hätte Juhnke mehr von diesem liebevollen Blick gegönnt, der in einer Aussage von Katharina Thalbach am deutlichsten greifbar wird. "Ich hoffe und ich bete", sagt sie, "dass er auch was davon gehabt hat, von seiner Unvernunft."

ZDF History , ZDF, Sonntag, 23.45 Uhr.

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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