Fußballexperte Scholl:Denkmal

Mehmet Scholl macht Freude: In der Plaudermaschine Fernsehen setzt er dem rhetorischen Dauer-Durchfall Nachdenklichkeit entgegen.

Von Stefan Klein

Es war Fußball zum Abgewöhnen, aber dann hatte das Relegationsspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Nürnberg doch noch einen Höhepunkt. In der Halbzeit. Da wurde Fußballexperte Mehmet Scholl auf die einzige bemerkenswerte Szene der ersten Halbzeit angesprochen, als nämlich der gerade mit einem Tumor diagnostizierte Frankfurter Marco Russ ein Eigentor fabriziert hatte.

Und was sagte Scholl? Machte er weitschweifige Ausführungen zum Thema Tragik und Schicksal? Spekulierte er munter über das Innenleben des bedauernswerten Kickers? Stellte er einen Zusammenhang her zwischen Fußball und Krankheit? Schließlich ist Spekulieren ja die Lieblingssportart des deutschen Fernsehexperten, der erfahrungsgemäß gerne und ausführlich über Dinge redet, von denen er in Wahrheit so gut wie gar nichts weiß, dies aber ungeheuer eloquent.

Er bedient damit auf das Schönste die Plaudermaschine Fernsehen, die alles darf, nur eines nicht: stillstehen, innehalten. Früher gab's spät abends den Sendeschluss, man erinnert sich wehmütig an Wörter wie Pausenzeichen. Heute wird durchgequatscht, rhetorischer Durchfall in einem fort, auf jede Frage eine Antwort, da ist er eisern, unser Fernsehexperte, denn Schweigen, wie es einst der Doktor Murke gesammelt hat, geht gar nicht.

Und was sagte nun der Experte Scholl? Er sagte, dass er sprachlos sei und erst einmal darüber nachdenken müsse. Der Mann, der sich traut. Herzlichen Glückwunsch, Herr Scholl!

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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