Frauenzeitschrift:An die Arbeit!

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Die deutsche "Cosmopolitan" wird 35 und besinnt sich auf ihre Tradition als Zentralblatt für Karriere und Sex. Doch mittlerweile ist das nicht mehr originell.

Von Claudia Tieschky

Es ist immer wieder ein Vergnügen, an Helen Gurley Brown zu erinnern, die noch im zarten Alter von 83 Jahren einen Journalisten, der heute Chefredakteur in einer Rheinstadt ist, beim Interview derart umgarnte, dass dieser sanft errötete. Sie war umwerfend und gar nicht aus der Übung. Mrs. Gurley Brown, die bis 2012 lebte, hatte als Werbetexterin in New York begonnen und sich seit den Sechzigern in ihren Büchern Gedanken über Lernziele für das aufstiegswillige Working Girl in der Großstadt gemacht. Sie kam vor allem auf zwei, Sex und Karriere, und erfand als Zentralblatt für Fortbildung das Frauenmagazin Cosmopolitan im Hearst-Verlag.

Der deutsche Ableger kam vor 35 Jahren auf den Markt, behielt die beiden Selling Points bei und setzte sich damit von Heften wie der damals recht frischen Brigitte ab, in der es durchaus auch um weibliche Eigenständigkeit ging. Nur wurde bei Cosmopolitan eher aggressiv gestrapst als partnerschaftlich ausdiskutiert. Das blieb auch so.

Das Jubiläumsheft der Cosmopolitan, die heute zur Bauer Media Group gehört, besinnt sich ganz auf die eigene Tradition. Auf dem Oktober-Titel werden eine große "Cosmo-Sex-Studie" angekündigt und "ultimative Erfolgstipps", außerdem die Jeans für den "Knack-Po". So weit, so deutlich - nur irgendwie nicht mehr originell. Denn das Thema Sex hat am Kiosk plötzlich einen ganz neuen Platz gefunden. Es ist unverzichtbar geworden auf dem Cover der Magazine, die harte Arbeit empfehlen - und damit ist nicht Beziehungsarbeit gemeint. Nein, hier geht es um die Mühsal, sich den perfekten Körper anzutrainieren, das gesellschaftlich aktuelle Statussymbol. Da stehen Orgasmustipps neben neuesten Fitnesstrends ("Zumba, Hot Iron oder lieber BoxKondi?"), zwischen Rezepten für Smoothies und den Wander-Outfits. Shape etwa, früher pure Schwitzanleitung, hat "Das große Lust-Special, 22 Stellungen, die Sie unbedingt ausprobieren sollten!" und spielt das gleich mit nackten Barbie-Puppen durch. Die Konkurrenz von Women's Health bietet einen 14-Tage-Bericht "So klappt's mit mehr Sex". Und Fit for Fun hat witterungsoptimistisch noch in der September-Ausgabe "die sieben wichtigsten Facts" für den "Sex-Sommer". Die Erkenntnis daraus? Das Working Girl von heute ist das Working Out Girl.

© SZ vom 12.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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