Fernsehsendung:Eine für alle

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Die "Sesamstraße" soll Afghanistan verändern. Eine neue Figur mit dem Namen Zari erzieht Kinder und Väter.

Von Moritz Baumstieger

Zari trägt Trachten, hat lila Haut, bunte Haare und eine orange Nase. Sie ist erst sechs Jahre alt, aber sie hat eine Mission: Die Puppe soll Kinder zum Schulbesuch motivieren und vor allem Mädchen zeigen, was im Leben alles möglich ist. Klingt ganz schön pädagogisch? Ist es auch.

Bei der Sesamstraße gehört der erzieherische Impetus zum Markenkern, seit sie 1969 das erste Mal in den USA auf Sendung ging. Das ist auch in Afghanistan so, dort läuft Baghsch-e-Simsim - der "Sesamgarten" - seit 2011, und das mit Erfolg: Er wird als die beliebteste Kindersendung geführt, 81 Prozent der Drei- bis Siebenjährigen haben sie schon einmal gesehen. Nun hat die Stammbesetzung am Hindukusch lokale Unterstützung bekommen, mit dem Start der fünften Staffel wurde Zari eingeführt, deren Name in den beiden Amtssprachen Paschtu und Dari "schimmernd" bedeutet. Länderspezifische Puppen haben bei der Sesamstraße Tradition: In Indien gibt es "Chamki", in Südafrika warb die HIV-positive "Kami" für mehr Verständnis - und in Deutschland uiuiuite sich bis 2013 Samson durch die Sendung.

Zaris Körper wurde in New York gefertigt, ihr Charakter aber wurde in Kabul geformt: Damit sie in dem zerrissenen Land möglichst nirgends auf Ablehnung stößt, wurde Zari in Zusammenarbeit mit dem afghanischen Bildungsministerium erdacht. Sie ist keiner der teils verfeindeten Ethnien zuzuordnen, soll keine afghanischen Werte verletzen, aber auch die sehr liberalen der Sesamstraße nicht verraten. Und genauso absichtlich, wie andere Figuren in der Sesamstraße eher geschlechtsneutral gehalten sind, ist Zari weiblich - "sie soll Mädchen dazu bewegen, zur Schule zu gehen und von einer eigenen Karriere zu träumen", erklärt US-Produzentin Sherrie Westin die Absicht ihrer afghanischen Kollegen.

Foto: AP (Foto: N/A)

Zari, die von der Puppenspielerin Mansura Shirzad gespielt und gesprochen wird, ist von nun an zweimal in jeder Folge zu sehen, mit und ohne Kopftuch. Bei ihren Auftritten wird sie Interviews mit verschiedenen Leuten führen und ihren kleinen Zuschauern nebenbei unterjubeln, wie wichtig Bildung, Sport und Gesundheitsvorsorge sind. Aber nicht nur denen: Laut einer Studie der lokalen Produktionsfirma dringen die Inhalte der Sesamstraße auch in die Köpfe der afghanischen Väter, die offenbar gerne mitgucken. Bei manchen von ihnen ist es sicher besser, wenn sie nicht ahnen, dass die Baghsch-e-Simsim-Pädagogik vom US-Außenministerium mitfinanziert wird.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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