epd medien:Immer im Dienst

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"Es braucht jemanden, der dem Gerede von der ,Lügenpresse' eine differenzierte Kritik entgegensetzt": Der Fachdienst des Evangelischen Pressedienstes wird 70 Jahre alt.

Von Matthias Drobinski

Da war die Bierflasche mit dem Etikett, auf dem jeder Fernsehzuschauer sehen konnte, welche Marke dem Schauspieler so gut schmeckt; da waren die Chips, das Duschgel, das Reisebüro für den billigen Urlaub. Volker Lilienthal, damals Chef von epd medien, fiel das unangenehm auf beim Betrachten der Vorabendserie Marienhof. Er recherchierte; am 1. Juni 2005 erschien sein Artikel "Bavaria Connection", in dem er belegte, wie die Produktionsfirma Bavaria systematisch Schleichwerbung zuließ. In der Folge dieses Skandals änderten die öffentlich-rechtlichen Sender ihre Regeln für die Produktplatzierung.

Der Fachdienst des Evangelischen Pressedienstes (epd) werkelte also 2005 ein bisschen mit an der deutschen Mediengeschichte. Wie er das tat, erklärt das Selbstverständnis von epd medien, das am Dienstag in Frankfurt seinen 70. Geburtstag feiert: als kleine, fachlich versierte und in ethischen Fragen wache Redaktion, die - den Zuschüssen der evangelischen Kirche sei es gedankt - nicht auf irgendein Wohlwollen von Abonnenten oder Anzeigenkunden angewiesen ist, die auch keine Angst haben muss vor mächtigen Rundfunkanstalten. Man sieht sich dort im Dienst des Qualitätsjournalismus und als Anwalt der Medienethik, nicht als Instrument, kirchliche Anliegen den Programmmachern nahezubringen.

Als der Dienst 1949 unter dem Titel epd Kirche und Rundfunk erstmalig erschien, damals noch nicht in Frankfurt, sondern im beschaulich-evangelischen Bethel bei Bielefeld, sah er sich noch einer doppelten Aufgabe verpflichtet: Er wollte den Protestanten das neue Massenmedium Rundfunk erklären und ihnen helfen, die moralisch guten Sendungen zu hören - und dann auch die kirchlichen Anliegen in die entstehenden Landesrundfunkanstalten einbringen. Dass der Evangelische Pressedienst nach dem Krieg seine Lizenzen auch erhielt, weil seine Chefs den Westalliierten die Legende auftischten, sie seien unter den Nazis verboten gewesen, hat übrigens später ebenfalls epd medien aufgearbeitet.

Die ganze Geschichte der Bundesrepublik hindurch hat der Dienst Sendungen und Filme besprochen, die Medienpolitik begleitet, sich Gedanken über neue Medien gemacht - gleich in der ersten Ausgabe 1949 zum Beispiel über die neue "ultrakurze Welle". Doch braucht es diese Form der Medienkritik jetzt noch, wo der Medienkonsum zu einem guten Teil ins Internet abgewandert ist, wo eine unüberschaubare Programmvielfalt das einst einträchtig ARD und ZDF schauende Publikum derart atomisiert hat, dass es kaum noch eine gemeinsame Öffentlichkeit für diese Kritik gibt? Mehr denn je, hält Dietmut Roether dagegen, die aktuell verantwortliche Redakteurin von epd medien: "Es braucht jemanden, der dem Gerede von der ,Lügenpresse' eine differenzierte Kritik entgegensetzt." Und gerade die Digitalisierung mache die Medienpolitik doch spannend: "Bei der Urheberrechtsdebatte konnten wir ohne eigene Interessen berichten, weil wir weder von einem kommerziellen Verlag noch von einem Internet-Unternehmen abhängig sind."

© SZ vom 09.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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