Die Serien des Monats:Von Pinguinen und Pfennigfuchsern

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(Foto: N/A)

"Wilde Dynastien" anschauen? Oder doch lieber die "Akte Lansing"? Tipps und Warnhinweise aus der SZ-Redaktion.

Akte Lansing

Was passiert: Das Bayerische Fernsehen setzt einen internen Ermittler ein, der die Kosten der täglichen Seifenoper Dahoam is dahoam (DiD) prüfen soll. Einen Pfennigfuchser mit Doppeldoktorgrad. Im Seriendorf Lansing rechnet er Leberkässemmeln hinterher. Mühsam ist sein Job aber wegen der Setbewohner. Alles Verrückte, gehirngewaschen von finsteren Mächten. Einen Giftanschlag mit Apfelkuchen überlebt er nur knapp. Es siegt die Liebe.

Heimlicher Held: Peter Weiß spielt einen Requisiteur und fällt einem Mord zum Opfer, der als Unfall zu den Akten gelegt wird. Endlich sieht man den Mann mal! Weiß ist beim BR oft als Sprecher eingesetzt, unter anderem beim Magazin Quer. Er hat eine Stimme, bei der alles, was er erzählt, wundersam klingt. Wundersam wie Lansing.

Nicht geeignet für: Eingefleischte DiD-Fans. Wer täglich damit lebt, wird die Satire und Selbstverballhornung seiner Stars kaum ertragen. Rudolf Neumaier

Zu sehen auf: BR Mediathek (sechs Folgen).

After Life

Was passiert: Tony verliert seine große Liebe Lisa - und seinen Lebensmut. Ihm ist alles egal: sein Job als Reporter für eine Gratiszeitung in der englischen Provinz, seine Kollegen, seine Gesundheit (er probiert Heroin aus); nur seine Hündin, die auch Lisa so geliebt hat, bedeutet ihm etwas.

Heimlicher Held: Schäferhund Brandy, der die Suizidpläne des Verbal-Grobians laufend durchkreuzt, weil er sein Futter weder allein kaufen noch öffnen kann.

Nicht geeignet für: Fans von Brachialhumor. Für eine Serie von Ricky Gervais, der auch die Hauptrolle spielt, ist After Life eine erstaunliche Mischung aus schwarzem Humor und anrührendem Drama. Dass er lustig kann, muss Gervais nach The Office keinem mehr beweisen, nun zeigt er, dass er auch subtil kann. David Denk

Zu sehen auf: Netflix (sechs Folgen).

Andere Eltern

Was passiert: Eine Gruppe mehr oder weniger hipper Eltern gründet in Köln-Nippes eine Kita für ihren Nachwuchs, eine Dokumentarfilmerin und Mutter der Initiatorin, begleitet mit der Kamera endlose Diskussionen und Zickereien. Einzeln sind alle schon verdammt anspruchsvoll, gemeinsam unausstehlich. "Ich würde den Job vielleicht machen", sagt ein Erzieher in seinem Bewerbungsgespräch, "aber nicht wenn es eure Kinder sind."

Heimlicher Held: Keine Ahnung, wessen Idee es genau war, aber am Ende hieß die Dokumentarfilmerin mit Nachnamen Züger - wie einer der Autoren dieser Impro-Mockumentary, Vorname: Sebastian.

Nicht geeignet für: Helikopter-Eltern ohne Sinn für Selbstironie. Regisseur Lutz Heineking jr. blickt zwar bei allem Sarkasmus liebevoll auf Eltern seiner Generation, setzt aber präzise Spitzen schon verletzt fühlt, sollte wohl besser bei Harmlos-Klamauk öffentlich-rechtlicher Bauart bleiben. Definitiv leichter zu finden als TNT Comedy (empfangbar etwa über Sky). David Denk

Zu sehen auf: TNT Comedy (sieben Folgen).

Wilde Dynastien

Was passiert: Tierisch viel. In einer senegalesischen Schimpansengruppe gibt es einen Aufstand. In Kenia verlassen männliche Löwen überraschend ihr Rudel, Weibchen müssen den Laden schmeißen. In Simbabwe zankt eine Wildhündin mit ihrer Familie, in Indien kommt es zu einem Showdown zwischen zwei Tigerinnen. Tierfilmer der BBC haben die Tiere jahrelang beobachtet und eine spektakuläre Familienserie daraus gemacht. Mindestens so spannend wie Game of Thrones - und manchmal auch so brutal.

Heimlicher Held: Das Pinguinmännchen. Die Vögel in der Kaiserpinguin-Kolonie in der Antarktis wissen, wo ihr Platz ist - auf dem Ei, das sie ausbrüten. Dort bleiben sie auch bei minus 40 Grad, während die Pinguinweibchen fischen gehen. Eiskalt, unbeirrbar, ohne Diskussionen über Genderrollen, Aufgabenverteilung und staatliche Unterstützung. Coole Kerle!

Nicht geeignet für: Gefühllose Zyniker, die beim Tod eines jungen Tigers oder der Entführung eines Pinguinkükens nicht weinen würden. Titus Arnu

Zu sehen auf: daserste.de/information/reportage-dokumentation/wilde-dynastien (fünf Folgen).

Now Apocalypse

Was passiert: Sex und Kiffen stehen ganz oben auf der Liste der Freizeitbeschäftigungen von Ulysses (Avan Jogia) und seinen attraktiven Mittzwanziger-Freunden. Zeit für Sinnsuche bleibt ebenso wie für den Traum vom heißen Seelenverwandten aus der Dating-App oder die Angst vorm Weltuntergang, Außerirdischen-Invasionen und anderen Verschwörungstheorien.

Heimlicher Held: Der Gastauftritt eines vögelnden Alienmonsters ist natürlich schon eindrucksvoll, aber eigentlich stiehlt die sonnendurchflutete Stadt Los Angeles allen anderen immerzu die Show. Schon weil sie zuverlässig dafür sorgt, dass die Darsteller meist leicht bekleidet sind.

Nicht geeignet für: Alle, die Serien aalglatt mögen. Diese ist, wie üblich bei Regisseur Gregg Araki, schrill, überhitzt, trashig - und supercool. Patrick Heidmann

Zu sehen auf: dem Amazon-Kanal Starzplay (jeden Sonntag eine neue Folge).

I Am the Night

Was passiert: Der berühmte, bis heute ungelöste Black-Dahlia-Mord von 1947, vornehmlich erzählt aus der Sicht von Fauna Hodel, deren Großvater George unter Verdacht war. Fauna wächst in einem Armenviertel Nevadas im Glauben auf, "gemischtrassig" zu sein, bevor sie herausfindet, dass sie von ihrer schwarzen Mutter adoptiert wurde. Langsam deckt sie die düstere Vergangenheit ihrer weißen Familie auf. Die Serie basiert auf der Autobiografie von Fauna Hodel, die 2017 verstorben ist.

Heimlicher Held: Die Villa von George Hodel. Dessen nicht unbedingt einvernehmliche Orgien wurden am Originalschauplatz, dem von Lloyd Wright designten, Maya-Tempel-Haus in L. A., nachgedreht.

Nicht geeignet für: Puristen. Patty Jenkins, die seit Wonder Woman als erfolgreichste Regisseurin Hollywoods gilt, hat eine Noir-Serie mit comicartigen Figuren gemacht, allen voran India Eisley als Fauna Hodel und Chris Pine als abgeranzter Reporter, der bei ihrer Entdeckungsreise hilft. Kathrin Hollmer

Zu sehen auf: TNT (sechs Folgen).

© SZ vom 29.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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