Aus für Springer & Jacoby:Vertrocknete Eier

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Einst Superstars, jetzt Pleitier: Die Mutter der deutschen Kreativagenturen Springer & Jacoby ist am Ende.

Hans-Jürgen Jakobs

Ihr erster Buchstabe war einst das "E". E wie "einfach, einfallsreich, exakt". Das gehörte zu ihrem Grundgesetz der Kreativität, das die beiden einstigen Großstars der deutschen Werbeszene ihren Leuten regelrecht einbläuten. "E", das stand auch immer für Elite. Dafür hielten sich Reinhard Springer und Konstantin Jacoby, die 1978 in Hamburg ihre Agentur gestartet hatten.

"Hier ist Harvard oder Eton und nicht der Zirkus Sarrasani", dekretierte Jacoby einmal. Vor allem in den achtziger Jahren war Springer & Jacoby zum Maß aller Dinge geworden, die sich in TV-Spots oder auf bunten Anzeigenseiten abspielten. Lufthansa, Miele, TUI, Siemens, Axel Springer und Werauchimmernoch gaben Aufträge, und vor allem Mercedes. "Unser meistgebrauchtes Ersatzteil", künstelte Jacoby einmal zu einem Bild vom Mercedes-Stern. Der Stern leuchtete, die Branche jubelte. War das geistvoll!

Jetzt ist Springer & Jacoby pleite. Die Werbe-Starfirma von einst, ein tragischer Fall für den Insolvenzverwalter. Der Neubesitzer Lutz Schaffhausen drückte den Ausknopf. Den verbliebenen 30 Mitarbeitern wird gekündigt. Für einen Werbedienstleister, der auch Callcenter betreibt, war das alles zweieinhalb Nummern zu groß.

Nichts ist mehr übrig vom Ruhm einstiger Tage. Von den jährlichen Auszeichnungen als beste und kreativste Agentur Deutschlands. Von den Lobhudeleien des Arts Directors Club (ADC) und den Preisen bei den Werbefestivals in Cannes. Von der sagenumwobenen Firmenkultur, zu der Gebote und Verbote gehörten. Die Gründer wollten keine unordentlichen Schreibtische, keine Poster an der Wand oder Fotos auf dem Schreibtisch. Am liebsten war Springer und Jacoby die Farbe Weiß für ihre Kreativzellen. Nichts sollte beim Denken über gute Werbung ablenken.

Der Erfolg machte das Duo reich und das Management ein wenig defokussiert. So wie Springer und Jacoby sich einst von der legendären Düsseldorfer Werbeagentur GGK gelöst hatten, so nahmen jetzt ihre besten Leute Reißaus. Holger Jung und Jean-Remy von Matt beispielsweise, deren Laden "Jung von Matt" zum neuen Champion der Kreativen wurde. Oder André Kemper und Michael Trautmannn, die sich auch selbständig machten und ebenfalls stets preiswürdig sind. Auch ADC-Chef Armir Kassaei war einst Kreativchef bei Springer & Jacoby.

So verlor die Mutter der deutschen Kreativagenturen immer mehr an Substanz. Die Gründer Springer und Jacoby hatten die Unternehmensführung schon in den neunziger Jahren aufgegeben. Im Jahr 2000 begannen sie, Anteile zu verkaufen - zunächst 35,5 Prozent, dann 15,5 Prozent. Sie fielen an den Konzern Interpublic Group. Die Gründer machten Kasse. Zunächst blieben sie zwar noch mit kleineren Anteilen und Aufsichtsratsfunktionen dabei, doch selbst das sorgte zusehends intern für Stress.

Der Umsatz sank, die Chefs wechselten, die Kunden verabschiedeten sich. 2005 erklärte Gründer Springer morgens um acht Uhr im Kino Streits am Hamburger Jungfernstieg auf einer Mitarbeiterversammlung, wo die Probleme liegen: "Früher waren wir furchtlos, und nicht einmal ein CEO konnte uns bei der Markenarbeit einschüchtern - heute sind uns die Eier vertrocknet."

Agentur der trockenen Eier

Die Agentur der trockenen Eier mochten sie auch bei Mercedes nicht mehr und kündigten den lukrativen Auftrag, der allein im Jahr für schätzungsweise mehr als 50 Millionen Euro wert war. Da war die Sache eigentlich schon gelaufen. Die Insolvenz war eine Frage der Zeit.

Sie hatten die Welle geritten, wie Reinhard Springer einmal gesagt hatte, doch die Welle war über ihnen hineingebrochen. Jetzt ist ihre Lebensleistung Treibgut der Geschichte. Nicht E wie Elite, sondern E wie ersatzlos gestrichen.

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