ARD-Hörspieltage:Turmbaumeister

Für "Tower of Babel" ist US-Theaterregiestar Robert Wilson mit dem Deutschen Hörspielpreis ausgezeichnet worden. Es ist erst seine zweite Hörfunkproduktion, Impulse von außen tun dem Genre offenkundig gut. Wilson war der unbestrittene Jury-Favorit.

Von Stefan Fischer

Robert Wilsons Hörspiel Tower of Babel lief früh im Wettbewerb um den Deutschen Hörspielpreis. In der öffentlichen Diskussion der Juroren bei den ARD-Hörspieltagen in Karlsruhe zeichnete sich dennoch ab, dass es wohl keinem der ausstehenden Stücke gelingen würde, sie noch stärker zu begeistern. Dshan von Lothar Trolle (SWR) und Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969 von Frank Witzel (BR) wurden unter Hörspielredakteuren ebenfalls hoch gehandelt. Die Jury unter der Leitung von Hermann Beil, Chefdramaturg am Berliner Ensemble, einer der Wirkungsstätten Wilsons, votierte aus guten Gründen für den US-Theaterregisseur.

Es ist erst Wilsons zweites Hörspiel, Impulse von außen tun dem Genre offenkundig gut. Das war bei Christoph Schlingensief auch so. Tower of Babel ist Teil der inzwischen abgeschlossenen Bibel-Reihe des HR. Wilson packt viele Texte, Sprachen und Musiken in das Stück, nimmt also die Motive von Sprachverwirrung und Größenwahn auf. Er dreht die Geschichte jedoch um: Tower of Babel, koproduziert von NDR, RBB, SWR und BBC, beschwört die verbindende Kraft der Kunst, vollendet also gewissermaßen den Turmbau. Die Auszeichnung strahlt auf die gesamte faszinierende Reihe ab. Den Publikumspreis gewann die WDR-Produktion Screener von Lucas Derycke. Es ist die Geschichte eines jungen Mannes, der das Internet nach illegalen und unangemessenen Inhalten durchsucht - und glaubt, die Distanz zu dieser Bilderflut wahren zu können.

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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