Wellness Plus Messe:Wundermittel und Wunderheiler

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Pilatesbänke, Augenmasken, koreanische Massagekrallen und Butterfußcreme, Wellness bleibt ein Trend. Wie sinnvoll diese Produkte wirklich sind, bleibt offen.

Helena Kysela, Berlin

In Halle 2.1 der Messe Berlin riecht es nach Vanille, Duftkerzen und Räucherstäbchen. Nastassja Gnauck versucht gerade, die Düfte der Kneipp-Riechorgel zu erraten und einen Urlaub zu gewinnen. Das ist nicht so einfach. "Ich rieche ja gar nichts." Sechs Flaschen - verpackt in Alufolie - stehen vor ihr. "Vielleicht ist es Salbei oder Fenchel", sagt Gnauck. Sie schreibt das letzte auf und wirft den Zettel in eine Box.

Entspannung pur auf dem Massagestuhl. (Foto: Foto: H.Kysela)

Der Kneippstand ist Teil des Gesundheitsparcours der Wellness Plus Messe. Auf 1.670 Quadratmetern zeigen etwa 100 Aussteller aus Deutschland, Österreich, Schweiz und Polen ihre Produkte. Die 23-jährige Nastassja Gnauck probiert einige Stände aus. Die verschiedenen Stationen des Parcours sind nicht wirklich deutlich gekennzeichnet, der Kurs geht kreuz und quer durch die Halle. Für Körper und Seele werden dem Besucher Dinge von magnetischem Schmuck und Traubenkernkissen bis zu kompletten Wärmekabinen angeboten.

Wellness ist ein großer Markt. Die Deutschen haben 2006 rund 75 Milliarden Euro für Wellnessprodukte ausgegeben - das bedeutet eine Steigerung von etwa drei Prozent. Im Marktsegment Gesundheitsurlaub ist das Interesse von 4,1 Millionen Bürgern 2002 auf 7,2 Millionen 2007 gestiegen, ein Plus von 76 Prozent.

Neugierig schaut sich Gnauck bei Medowell um. Das Unternehmen bietet eine Augenmassage an, die innerhalb von fünf Minuten totale Entspannung bringen soll. "Das würde ich mal gerne ausprobieren", sagt die Berlinerin. Sie bekommt eine Maske aufgesetzt, die aussieht wie eine geschlossene Skibrille.

Die elektronische Maske ist vollgepackt mit angeblich entspannender Technik. Sie erzeugt Wärme, zwei Magnetelemente erzeugen ein Magnetfeld, über die eingebauten Kopfhöhrer werden bei Bedarf Brain-Wave-Musik und Naturklänge eingespielt. Außerdem kann sie massieren und wie ein Handy vibrieren.

"Das Brummen stört mich total", sagt Gnauck. Eine normale Handmassage sei besser, da kann die Technik einfach nicht mithalten. Im Internet kann man die Augenmaske für etwa 150 Euro kaufen.

Wer will, kann sich auf dieser Messe die Produkte für seine eigene Wellnessoase zusammenkaufen: von koreanischen Massagekrallen mit Gänsehautgarantie, duftendem Grüner-Pfirsich-Mango-Tee bis hin zu heilenden Mineralsteinen.

Heilung durch Selbstheilung

Die nächste Station des Parcours ist die der Synergetiktherapie. Hier werden Seminare zur Selbstheilung angeboten. "Wir sind Experten für die Innenwelt", sagt Heike Sansoni, Therapeutin für Synergetik. Ihre These: Wer sich innerlich aufräumt, wird nicht krank.

Sogar bei schweren Krankheiten wie Krebs könne die Methode helfen, verspricht Sansoni. Gnauck überzeugt das nicht: "Es klingt zu einfach." Das könne vielleicht gut für die innere Einstellung sein. Dass es aber bei Krankheiten wie Krebs hilft, glaube sie nicht.

Nebenan beantworten die Experten Fragen zu Ernährung, Gesundheit und Fitness - oder besser gesagt: Sie sollen. Es liegen jedoch nur ein paar iPods bereit. Auf ihnen können Vorträge zu Gesundheitsthemen wie etwa zu Gehirnjogging angehört werden. Nastassja Gnauck füllt ein einfaches Quiz aus und bekommt dafür eine Tüte mit Werbegeschenken und das Magazin mit nach Hause.

Zwei Stunden Wellnessmesse mit Massagebehandlungen, Kneipp'sche Armbäder, Aromatherapie und einer vollen Tasche mit Werbeprospekten reichen Nastassja Gnauck. Sie macht sich auf den Weg nach Hause. Eigentlich müsste sie jetzt total relaxed sein. Doch ihr Fazit fällt ernüchternd aus: "Viele Sachen hier sind völlig überflüssig", sagt sie. "Die bringen einem nicht wirklich etwas."

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