Wasser:Lifestyle zum Trinken

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Wasser muss heutzutage mehr sein als nur ein Durstlöscher: Um den Absatz zu steigern, lassen sich Mineralwasserabfüller einiges einfallen.

Martina Farmbauer

Endlich ist die Vorlesung vorbei. Die beiden jungen Frauen schlendern zum Ausgang, setzen sich vor die Uni - und nehmen einen Schluck aus der Mineralwasserflasche, die sie fast immer bei sich haben. Mineralwasser ist schließlich Kult.

Ein Getränk darf heute nicht mehr nur den Durst löschen. Es muss die Sinne ansprechen. (Foto: Foto: Xamax)

Bis zu 130 Liter pro Kopf trinken die Deutschen im Jahr - in den siebziger Jahren waren es nur 12,5 Liter. Sie trinken es gegen den Durst, zwischendurch oder zum guten Essen. Sie trinken Wasser aus Bad Heilbrunn, aus England, Frankreich oder gleich von den Fidschi-Inseln.

Der Trend geht zum sogenannten "Wasser plus" oder "Near-Water": Mineralwasser, meist ohne Kohlensäure, mit Fruchtkonzentraten, Kräuterextrakten und anderen Zusätzen. Nach Angaben des Verbands Deutscher Mineralbrunnen (VDM) haben die Mineral- und Heilwasserunternehmen 2006 insgesamt 9,3 Milliarden Liter Mineral- und Heilwasser abgesetzt.

Der Anteil des "Wassers plus" am Gesamtabsatz beträgt zwar mit 170 Millionen Litern nur 1,8 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist das aber eine Steigerung um 54 Prozent. Ein Nischenprodukt als Verkaufsschlager.

"Mit purem Mineralwasser sind solche Zuwächse selten zu erzielen", sagt Sandra Murphy, Sprecherin des VDM. Vielmehr hat der Durchschnittsverbrauch von Mineralwasser unter Deutschen nach dem Jahrhundertsommer 2003 vorübergehend abgenommen.

Mögen die Mineralwasserfirmen das "Wasser plus" nun als Mittel gegen den Abwärtstrend einsetzen, wie das Fachblatt Lebensmittel Zeitung vermutet, oder damit ihre Innovationskraft unter Beweis stellen, wie VDM-Sprecherin Murphy sagt - die Früchte, aus denen die Konzentrate stammen, werden immer exotischer, die Kombinationen immer ausgefallener, das Design wird immer stylischer.

Angefangen hat die Entwicklung damit, dass die Unternehmen die gute alte Schorle fertig auf den Markt brachten. Es folgte das stille Wasser mit Fruchtgeschmack. Die Klassiker Zitrone, Apfel und Orange wurden schließlich ergänzt durch Guave und andere ungewöhnliche Sorten.

Nun auch durch Kiwano. Mit der afrikanischen Frucht, die bisher wohl nur Insidern bekannt war, hat etwa das Unternehmen "Römerquelle" sein Mineralwasser versetzt, "Vöslauer" kombiniert den Geschmack des Weingartenpfirsichs mit dem der Pimpernelle.

"Wir werden immer wieder einmal eine neue Frucht entdecken", sagt Antje Louis, Sprecherin eines Herstellers von Lebensmittelzutaten. "Wasser plus" könne aber nicht nur Erfolg haben, indem es besonders exotisch schmecke, es müsse auch gesund sein. Oder es muss dies suggerieren.

Denn der Wassertrend wird von den Themen Natur, Gesundheit und Wellness bestimmt. Bereits jetzt fügen einige Unternehmen ihrem Mineralwasserwasser Sauerstoff, Vitamine oder Mineralien bei. "Einen besonderen ernährungsphysiologischen Nutzen haben die Kunden von den neuen Getränken jedoch nicht", sagt Maria Flothkötter, Expertin des Verbraucherinformationsdienstes in Bonn. Denn die zugesetzten Mengen seien zu gering.

Wollen die Mineralwasserfirmen ihre "Near-Water"-Produkte allerdings mit gesundheitsbezogenen Hinweisen wie "Vitamin C stärkt die Abwehrkräfte" versehen, so ist das nach einer Verordnung der EU künftig nur dann erlaubt, wenn sie sich auf einer Positivliste befinden. Diese enthält Angaben, die derzeit als wissenschaftlich anerkannt gelten.

© SZ Primetime vom 12.3.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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