Führende Quecksilber-Forscher warnen am heutigen Donnerstag in einer Deklaration vor den Gesundheitsrisiken durch den Verzehr von Fisch.
Die Quecksilberbelastung vieler Fischarten sei bereits so hoch, dass vor allem Kinder und Frauen im gebärfähigen Alter durch das giftige Schwermetall gefährdet seien.
Heute falle dreimal so viel Quecksilber vom Himmel wie vor der industriellen Revolution.
Zwar seien die Quecksilber-Emissionen in den Industrieländern in den letzten 30 Jahren gesunken, die steigenden Industrie-Abgase in Entwicklungsländern hätten diesen Rückgang jedoch kompensiert.
Die Deklaration ist von 37 internationalen Quecksilber-Spezialisten formuliert und in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals Ambio von der Königlichen Schwedischen Akademie der Wissenschaften veröffentlicht worden.
Die Spezialisten fassen darin 33 wissenschaftliche Erkenntnisse der Quecksilber-Forschung der vergangenen zehn Jahre zusammen. Die Deklaration wird von 1150 Wissenschaftlern unterstützt.
Die Toxikologen, Biologen und Umweltforscher nennen insbesondere kleinere Goldminen als Hauptverursacher der steigenden Belastung der Umwelt mit dem Schwermetall.
Allein zehn Prozent des Quecksilbers in der Atmosphäre stamme aus dem Goldabbau, wo es zum Herauswaschen des Erzes aus dem Gestein verwendet wird. In kleinen Minen passiere es häufig, dass Quecksilber unkontrolliert in die Umwelt gelange. Die Gesundheit von 50 Millionen Menschen in aller Welt sei unmittelbar bedroht.
An der Spitze der Nahrungskette
Doch auch, wer nicht in der Umgebung von Goldminen wohnt, sei von Quecksilber belastet: Die Quecksilber-Konzentration in Fischen, sowie Vögeln und Säugetieren, die Fisch fressen, steigt weltweit stetig an und hat an vielen Orten bereits ein toxisches Niveau erreicht.
Das Schwermetall reichert sich in Form von Methyl-Quecksilber - einer Verbindung, die etwa hundertmal so giftig ist wie gewöhnliches Quecksilber - insbesondere in Fettfischen an und gelangt so in die Nahrungskette. Dadurch ist bereits das Überleben lokaler Fischpopulationen gefährdet.
Beim Menschen wurde nachgewiesen, dass Quecksilber den Fötus schädigt und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann.
Die Warnung der Forscher lässt daran zweifeln, ob Fisch noch bedenkenlos gegessen werden kann. Das Bundesinstitut für Risikobewertung gibt teilweise Entwarnung: Bei den beliebtesten Fischarten der Deutschen - Hering, Forelle, Seelachs und Karpfen - werden die Grenzwerte für Quecksilber eingehalten.
Auch Jörg Oehlenschläger, stellvertretender Institutsleiter an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Hamburg, beruhigt: "97 Prozent der Fische, die in Deutschland auf den Tisch kommen, können ohne Bedenken verspeist werden."
Warnung vor Thunfisch und Hai
Der Lebensmittelchemiker warnt jedoch vor dem Verzehr von Schwertfisch, Thunfisch, weißem Heilbutt und Hai: "Diese Fischarten stehen an der Spitze der Nahrungskette und werden außerdem recht alt. Im Laufe ihres Lebens speichern sie daher mehr Quecksilber als andere Arten."
Außerdem sollten Frauen im gebärfähigen Alter, Schwangere, Stillende und Kleinkinder auch in Deutschland höchstens einmal pro Woche Fisch essen, empfiehlt Oehlenschläger.
Auch das Institut für Medizin der amerikanischen National Academy of Science bestätigt die Risiken der Quecksilber-Belastung durch den Fischkonsum.
Dennoch überwögen die Vorteile für die Gesundheit, schreiben die Mediziner in einer noch unveröffentlichten Studie: Selen, Jod und Omega-3-Fettsäuren seien wertvolle Inhaltsstoffe von Fisch, die die negativen Effekte durch Quecksilber ausglichen.
Die Forscher raten jedoch zu einem möglichst abwechslungsreichen Fisch-Speiseplan, um zwischen stärker und schwächer kontaminierten Arten zu variieren.
Auch wenn in Industriestaaten wie Deutschland das Quecksilber beim Befolgen einfacher Tipps wenig Probleme macht, billigt Oehlenschläger der Deklaration für andere Teilen der Erde höchste Relevanz zu: "Vor allen in den Tropen wird sehr viel Schwertfisch gegessen. Dort ist das Risiko daher am höchsten."
Der Hauptautor der Deklaration, James Wiener von der Universität von Wisconsin in Madison, sagt daher: "Die Verschmutzung der Umwelt mit Quecksilber ist ein Problem globalen Ausmaßes. Wir fordern die Politik dringend auf, effektive internationale Strategien zu entwickeln und das Problem endlich zu lösen."