Vollautomatisches Restaurant:Ganz ohne Kellner

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In einem Nürnberger Lokal wählen die Gäste auf dem Bildschirm ein Gericht aus und dann kommt das Essen auf Schienen zu ihm.

Arno Makowsky

Es ist verdammt schwer, in der Gastronomie mit neuen Ideen zu glänzen, aber hier geht es um eine große Sache, das wird gleich klar, als Herr Mack sein Konzept erklärt. Sein Restaurant, sagt er, habe ein "riesiges Zukunftspotential" und sei "total futuristisch". Wobei es seine fränkische Herkunft mit sich bringt, dass er von "Boddenzial" spricht und von "fudurisdischem Ambiende".

Mehr Event als Gastronomie: Die Gäste wählen auf dem Bildschirm ein Gericht aus, über das Schienensystem kommen Töpfe und Getränke zum Tisch. (Foto: N/A)

Egal, Michael Mack aus Nürnberg hat eine sensationelle Idee entwickelt, die schon bald die Welt der Gastronomie revolutionieren wird, da ist er sich ziemlich sicher.

Die Revolution geht so: In seinem Lokal "Baggers" kommen die Speisen auf Schienen von der Küche zum Gast gefahren. Kellner braucht's keine. Nicht mal zum Bestellen, denn das erledigt man von einem Bildschirm aus. Mit Touchscreen. Zur Auswahl stehen zum Beispiel "Zwa klane Bradwörschd mit Kraut" oder "Drei saure Zibfl".

Man drückt auf den Bildschirm, und ein paar Minuten später kommen die Bradwörschd angerutscht. Das mit den Schienen hat sich Herr Mack zum Patent (Badend) anmelden lassen. Schon jetzt, sagt er, gibt es Interesse der internationalen Gastronomie an dem System, erst vorhin habe jemand aus Holland angerufen.

Die aus Nürnberg, Fürth und München angereiste Weltpresse ist beeindruckt. Das Baggers steht übrigens in einem Gewerbegebiet, zwischen Möbelhäusern und Lackiererbetrieben, auch der "Saunaclub Sylt" ist nicht weit.

Michael Mack trägt bei seiner Präsentation ein türkis-blau gestreiftes Hemd und redet in ein krächzendes Mikrofon, neben ihm steht der Architekt des Lokals, ein Mann mit weißem Vollbart, Künstlerweste und schwarzen Clogs . "Der denkt nur noch in Schienensystemen", sagt Mack, der Architekt sagt nichts.

Es war aber seine Idee, das Lokal in knalligem Gelb und Rot zu streichen - nicht gerade die Farben, die zu einem romantischen Dinner passen, aber dafür schön auffällig.

Der ganze Raum des Baggers (das sind Kartoffelpuffer auf fränkisch) ist durchzogen von verchromten Schienen. Sie führen auf verschnörkelten Wegen von der Küche im Obergeschoss zu großen runden Tischen, um die jeweils zehn Leute sitzen. Die Sache erinnert etwas an die Wohnung zuhause, wenn die große Carrera-Rennbahn im Wohnzimmer aufgebaut wird und es kein Durchkommen gibt.

Ein sehr kritischer Journalist fragt, ob sich Leute, die größer als zwei Meter sind, nicht womöglich "an den Stahlschienen die Birne anhauen". "Eine gute Anregung", lobt Herr Mack, den gefährlichen Träger da drüben werde man vielleicht noch absägen oder sonst irgendwie entschärfen.

Über den Köpfen der Gäste

Jetzt aber genug der Theorie, wir wollen sehen, wie Schnitzel und Kesselfleisch durch den Raum sausen und auf dem Teller landen! Teuer sind die Gerichte nicht, sie kosten zwischen einem und sechs Euro, allerdings sind es "nur Tapas-Portionen", wie die Pressedame erklärt. Die Journalisten drücken auf dem Bildschirm herum und geben Bestellungen auf, unter dem Dach wird schon mit Geschirr geklappert. Gespanntes Warten, alle schauen nach oben.

Da! Etwas zaghaft kommt eine Flasche Bionade in einem Plastikgestell angerutscht, nimmt langsam Fahrt auf, passiert elegant eine Kurve über den Köpfen der Gäste - und bleibt dann stehen. Okay, wenn der Raum staubig ist, funktioniert das System nicht so gut, hat Herr Mack gesagt, und jetzt ist er ein bisschen staubig, wegen der Bauarbeiten. Ein kleiner Ruck und die Bionade fährt wieder Richtung Tisch. Auch die meisten Töpfe mit den Spezialitäten des Hauses kommen gut an. Kurz: Die Begeisterung der Testesser ist groß, zumal es gut schmeckt. Doch das ist angesichts der Technik nicht so wichtig.

Nach dem Essen passiert dann etwas Unerwartetes: Leibhaftige Kellnerinnen räumen die Teller und Gläser ab. Warum, so fragt man sich kurz, bringen die gleichen Leute nicht auch das Essen zum Tisch - dann könnte man sich das ganze Schienensystem sparen.

Aber, schon klar, dieser Gedanke hat überhaupt kein Zukunftsboddenzial.

© SZ vom 31.3. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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