Thema der Woche:Göttlich

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Eine englische Kirche soll bald eine Rutsche bekommen. In einer anderen spielt man jetzt schon Golf. Was ist da los? Soviel sei verraten: Aus Spaß machen die Kirchen das nicht

Von Georg Cadeggianini

"Im Namen des Vaters und des Sohnes und... Yippieh". In einer Kirche in Rochester in Südengland wurde diese Woche eine Minigolfbahn eröffnet. Mit Kunstrasen und Kioskhäuschen und allem Drum und Dran. Neben jahrtausendealten Säulen werden jetzt Golfschläger und -bälle ausgegeben. Und beim Spielen hat man den Altar immer im Blick. Bis Anfang September kann man auf der Neun-Loch-Anlage mitten in der uralten Kathedrale golfen. Auch sonntags. Aber nur dann, wenn gerade kein Gottesdienst ist. Und immer kostenlos.

Die Idee dahinter: In Kontakt kommen mit Leuten, die normalerweise nie in so ein Gebäude gehen würden. Die keine Lust haben auf Gott und Religion, Pfarrer und Bischof. Denn immer weniger Menschen begreifen sich als Teil der Kirche, immer weniger Jugendliche entscheiden sich für eine Firmung oder Konfirmation - auch in Deutschland. Sind 2002 zum Beispiel noch 20 Kinder aus einer Klasse zur Erstkommunion gegangen, sind es heute nur noch 13. Eine Kirche mit Zukunft, so die Minigolf-Geistlichen, muss mehr auf die Menschen zugehen. "Wenn du nicht mehr weißt, wie du Spaß haben kannst in einer Kathedrale", meint ein Kirchenvertreter aus England, "dann machst du deine Arbeit nicht richtig."

Quatsch, meinen Gegner, alles Anbiederei. Man könne Menschen nicht in die Suche nach Gott hineintricksen. Der Minigolfplatz sei keine Lösung, sondern nur Ausdruck von Verzweiflung. Und überhaupt: Wo soll das hinführen? Klettern in der Kuppel, um den Tabernakel skaten, im Beichtstuhl Fortnite zocken?

Noch im Laufe dieses Monats soll in der Kathedrale von Norwich, 200 Kilometer nördlich von der Minigolfkirche, eine 15 Meter hohe Jahrmarktrutsche aufgestellt werden.

© SZ vom 03.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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