Thema der Woche:Gegenverkehr

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Sieht aus wie ein Popkonzert ist aber Massenprotest: Die Straßen in Hongkong vergangene Woche. (Foto: Getty Images/Carl Court)

Hongkong, Irland, "Fridays for Future": Was passiert, wenn plötzlich Menschenmassen statt Autos auf den Straßen sind? Fast immer bedeutet das: Veränderung.

Von Georg Cadeggianini

Straßen sind für Autos gebaut. Sicher, ab und an gibt es da noch einen schmalen Streifen Fahrradweg, aber Fußgänger flanieren normalerweise nicht auf der Straße herum. Und wenn doch, dann ist was los: Stadtmarathon vielleicht, Skatenight oder - Protest!

So wie in Hongkong. Dort sind in den vergangenen Tagen Millionen Menschen auf die Straße gegangen. Sie haben gegen ein Gesetz protestiert, das es erlauben sollte, Verdächtige ans undemokratische China auszuliefern und sie dort Polizei und Justiz zu überlassen.

Zunächst hat die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam sehr ablehnend auf den Protest reagiert und die Polizei hart gegen die Demonstranten vorgehen lassen. Aber irgendwann war jeder Siebte auf der Straße, darunter auch Kinder und Jugendliche - da hat sie eingelenkt: Zuerst ließ sie das Gesetz auf unbestimmte Zeit verschieben, dann hat sie sich bei allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt entschuldigt.

Natürlich machen Politikerinnen und Politiker nicht immer einfach das, was Leute auf der Straße fordern. Und trotzdem gibt es Beispiele für Erfolge: Der Hambacher Forst etwa wurde wegen Protesten nicht weiter abgeholzt, in Irland haben Massendemos Frauenrechte abgesichert. Und in ganz Europa gehen jeden Freitag Schülerinen und Schüler für eine bessere Klimapolitik auf die Straße. Bringt das was?

Noch Mitte Mai wollte sich Kanzlerin Angela Merkel nicht zum EU-Klimaschutzziel bekennen, ab 2050 EU-weit klimaneutral zu leben. Diese Woche hat die deutsche Regierung doch eingelenkt. Ein Erfolg der Klimastreikenden?

Ganz sicher weiß man so was nie. Aber der französische Präsident Emmanuel Macron, der das 2050-Ziel sehr vorangetrieben hat, lobte im Gespräch mit Klimastreikenden schon Mitte Mai ihren Einsatz: "Wir brauchen diesen Druck. Wir brauchen euch, um mehr zu tun."

© SZ vom 22.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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