Schönheitsköniginnen:Miss verständlich

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Am Wochenende wird die "Miss Germany" gekürt. Vor zwei Wochen wählte man die "Miss Deutschland". Aber wer ist denn nun die Schönste im Land?

Marius Meyer

Svetlana Tsys hat es geschafft: Im roten Abendkleid, später im gelben Bikini war sie im ägyptischen Urlaubsort Hurghada über einen Laufsteg stolziert, hatte gelächelt und kunstvoll posiert, ihren Körper und ihre rotblonden Haare präsentiert. Außerdem hat sie in einer Plauderrunde Konversationsfähigkeit bewiesen.

Und sie hat sich gegen 16 andere attraktive Frauen durchgesetzt. So wurde aus der 18-jährigen "Miss Ostdeutschland 2006" die "Miss Deutschland 2007".

Seit dem 22. Januar kann sie also mit einigem Recht behaupten, die hübscheste Frau Deutschlands zu sein. Aber nicht mehr lange: Samstagabend an wird im Europa-Park in Rust die "Miss Germany" gewählt. 22. junge Frauen treten an.

In Deutschland wird also zweimal pro Jahr die angeblich schönste Frau des Landes prämiert. Hinter dem Wirrwarr stehen zwei Agenturen, die in Deutschland Schönheitswettbewerbe durchführen.

"Miss Deutschland" vs. "Miss Germany"

Die ältere der beiden Agenturen ist die "Miss Germany Corporation" (MGC) aus Oldenburg. Seit 1982 führen Horst und Ralf Klemmer, Vater und Sohn, Konkurrenzen unter dem Label "Miss Germany" durch. Der Sohn meint, hübsche Frauen sollten an seinen Wettbewerben teilnehmen, denn die "Miss Germany"-Wahl sei nun mal das Original, weil ja älter. Den anderen Wettbewerb scheint er als Eins-zu-eins-Kopie zu empfinden: "Unser Mitbewerber macht nur nach, was wir vormachen."

Der Mitbewerber sitzt in Bergheim, heißt "Miss Germany Organisation - Komitee Miss Deutschland" (MGO) und bietet Miss-Wahlen seit 1985 an. Die MGO vergab bis 1999 ebenfalls den Titel "Miss Germany", danach wechselte mann zu "Miss Deutschland".

Prominete Jury für den Einstieg ins Showbiz

Als zweiten Pluspunkt seines Unternehmens nennt Klemmer die "hochkarätige Jury". Ihr gehören der Boxweltmeister Arthur Abraham, Fußballer Fredi Bobic, die Musiker Lou Bega und Haddaway an. Und sie ist damit wirklich prominenter besetzt als die MGO-Jury. Deren bekannteste Gesichter gehören zu Comedian Peter Nottmeier und Sat1-"Starsearch"-Gewinner Martin Kesici.

Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass eine prominente Jury besser über Attraktivität urteilen kann als weniger bekannte Leute. Und natürlich auch nicht über Witz und Schlagfertigkeit. Eigenschaften, die den Veranstaltern zufolge für den Titel-Gewinn extrem wichtig sind. Doch wenn eine Teilnehmerin eine TV-Karriere anstrebt, könnte es von Vorteil sein, auf diesem Weg Leute aus dem Showbiz kennen zu lernen.

Wer von einer internationalen Miss-Karriere träumt, sollte an dem "Miss Deutschland"-Wettbewerb teilnehmen. Denn die ausrichtende MGO besitzt die Lizenzen, ihre Gewinnerinnen zu den vier größten internationalen Wettbewerben zu entsenden: Miss World, Miss Universe, Miss Earth und Miss International.

Eine deutsche Miss World? "Keine Chance"

Das ficht Klemmer, dessen Firma noch bis Anfang des Jahres über die Lizenz für den "Miss World"-Wettbewerb verfügte, nicht an. Die MGC mache da nicht mehr mit, "da Deutsche meines Erachtens dort eh kaum eine Chance haben und wir dann dafür nicht so viel zahlen wollen."

Er beziffert die Kosten einer Teilnahme auf rund 10.000 Euro. Und einen Seitenhieb kann er sich nicht verkneifen: "Außerdem ist die Miss dann vier Wochen außer Landes. Ich weiß nicht, wie das bei 'Miss Deutschland' ist, aber unsere Missen haben dafür zu viele Termine." Angeblich tritt die Miss Germany bei 300 Events pro Jahr auf.

Darüberhinaus, so Klemmer, gebe es ja viele internationale Wettbewerbe. Seine Miss Germany kann für den Titel "Miss Hawaiian Tropic" antreten.

Wie viel Geld die Gewinnerinnen durch ihren Titel verdienen, wollen beide Agenturen nicht genau sagen. Michael Wuscher von der MGO meint, dass das Einkommen im internationalen Vergleich eher gering sei, dass die Jahreseinkünfte aber deutlich über dem liegen, was die Missen zuvor verdienen. Vor allem, wenn man es wie Petra Schürmann (einzige deutsche Miss World, 1956) oder Verona Feldbusch (Miss Germany 1993 für die MGO-Vorgängerin MGA) schafft, den Titel als Türöffner für das Showbiz zu nutzen.

Auch die Preisgelder werden nur für alle Finalteilnehmerinnen zusammen angegeben. Im Europapark werden an diesem Wochenende 130.000 Euro und jede Menge Sachpreise vergeben. Damit dürfte die Gewinnerin weit mehr bekommen als die erste deutsche Miss. Gerda Dopieralski, die 1909 gekürt wurde, bekam nur 20 Goldmark. Und das zweifelhafte Vergnügen, als beliebtes PinUp-Bild mit den deutschen Soldaten an die Fronten des Ersten Weltkrieges zu fahren.

Der Weg zu den Titeln führt über die Schönheitskonkurrenzen in den Bundesländern. Noch, denn die MGC hat sich die entsprechenden Miss-Bezeichnungen jetzt schützen lassen. Die MGO wird sich etwas neues einfallen lassen müssen. "Sie werden wohl Castings machen", mutmaßt Konkurrent Klemmer.

Außerdem gibt es noch ein paar regionale Wettbewerbe und Konkurrenzen von Sponsoren. So gibt es in diesem Jahr auch "Miss Ostdeutschland" und die "Miss Telekom".

Keine Mütter und keine Ehefrauen

Bei der Bewerbung zu den Wahlen auf Landesebene sind detaillierte Angaben zu den Körpermerkmalen abzugeben. Genauso natürlich Fotos, nicht zu alt und eines im Bikini, bitte. Wer "Miss Germany" werden will, muss zwischen 16 und 28 Jahre alt sein, darf keine Kinder und keinen Ehemann haben und nie Akt-Fotos gemacht haben. Ähnlich sieht es bei der "Miss Deutschland" aus, die allerdings nur 17 bis 26 Jahre alt sein darf.

Wer älter ist, verheiratet oder Mutter, hat immer noch die Chance auf den - ziemlich unbekannten - Titel "Misses Germany" der MGC.

Übrigens: Beide Unternehmen führen auch Wettbewerbe für Männer durch. Doch deren Sixpacks und Waschbrettbäuche gehen meist unter im Trubel um die langen Beine und die weiblichen Formen ihrer Kolleginnen. Dafür tickt bei den Herren die biologische Uhr langsamer. Sie dürfen sich bis zum 39 Lebensjahr bewerben.

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