Schönheits-OP:Einmal Mang-Nase, bitte!

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An der Nase erkennt man den Charakter. An einer Nase von Werner Mang die Schönen und Reichen. 15.000 weitere Menschen tragen so eine im Gesicht.

Nina Poelchau

Im Schnitt schafft Werner Mang pro Tag fünf Nasen. Eine davon gehört Andreas Kraus (Name v.d. Red. geändert), 46. Noch ist die Nase ein Kolben wie die von Gerard Depardieu. Seit er denken kann, leidet der Rechtsanwalt unter ihr. Vor einer Operation hatte er Angst. Bis ihm sein Bruder, ein Arzt, empfahl: Geh zum Mang!

Die Schülerin Julia, links, wie Gott sie schuf, rechts mit Korrekturen von Werner Mang: Diese Nase hat den Schönheitschirurgen wohlhabend und berühmt gemacht. (Foto: Foto: privat, Michael Leis / SZ-Magazin)

Gerade ist er eingedämmert. Die Lippen sind leicht geöffnet, aus den Augenschlitzen quillt Salbe. Mang betritt den OP-Saal federnd, ein langer Mann mit hoher Stirn und wehendem Haar. Sein Blick streift die beiden Vorher-Fotos, die an der Wand kleben. "Warum kommt so einer erst jetzt? Der sieht doch aus wie Rübezahl mit dem Rüssel", ruft er. Und los. Mit dem Skalpell schlitzt er die Nase auf, wühlt sich hoch zum ersten Knorpel.

Prada-Täschchen, Rolex, Mang-Nase

Seit Anfang der Achtzigerjahre ist die von Professor Mang geformte Nase ein Begriff in Deutschland. Wer ein Problem mit seinem Aussehen und genügend Geld hat, geht nach Lindau, zum Mang, der in Illustrierten und auf vielen Kanälen wie ein Wanderprediger verkündet: "Schönheitsoperationen sind kein Tabu mehr. Aber Vorsicht vor Scharlatanen."

Auch wer objektiv betrachtet überhaupt kein Problem mit seinem Aussehen hat, kommt. Für manche ist die Mang-Nase ein unerlässliches Accessoire: Prada-Täschchen, Rolex, Mang-Nase. Mehr als 15000 Stück hat der Professor gemeißelt. Die meisten sind in Deutschland geblieben - etwa zehn Prozent mit ihren Besitzern in den Rest der Welt ausgeströmt. Nach Russland, Saudi- Arabien, in die USA.

Mang hat lange überlegt, warum dieses Gesichtsprofil erotisch wirkt, jenes nicht. Ergebnis: Die Nase spielt die Hauptrolle. Er bevorzugt das "gotische Modell" bei Frauen - natürliches Vorbild: Christie Turlington. Schmal und gerade, niedlicher Schwung nach oben, ein 110-Grad-Winkel zwischen Nasenspitze und Oberlippe. Ein Kindchenschema-Näschen, das signalisiert: Ich bin eine Süße! Will nur spielen! Bei Männern hält Mang den "griechischen Typ" für ideal. Was Ernstes. Die Eroberer-Nase. Hannibal hatte so eine.

"Man ahnt gar nicht, was die Nase ausmacht", sagt Mang. Steffi Graf zum Beispiel: Ihre Nase, hat er einmal in der Bunten analysiert, "zerstört die Harmonie ihres schönen Gesichtes". Wenn sie ihre Nase verkleinern und die Höcker beseitigen lassen würde - "ich bin sicher, dass das ein kleines Wunder vollbringen würde". Man möchte Steffi die Daumen drücken, wie 1990, bei den German Open, im Kampf gegen Monika Seles - den sie dann leider doch verlor: "Widerstand!" Welch trostlose Vorstellung: Steffi mit Stupsnase.

Nicht apart - perfekt soll es sein

Eine Stunde OP, ein, zwei Wochen Gipsverband - fertig ist das neue Gesicht. Schon mit 16 ist der Typwechsel ohne Weiteres möglich - wie bei der Schülerin Julia aus Baden-Württemberg. Auf den Bildern, die sie vorher zeigen, war sie ein blondes Mädchen mit kleinem Höcker auf der ansonsten unauffälligen Nase. Apart sah sie aus. Sie wollte aber nicht apart, sondern perfekt aussehen. Stundenlang stand sie vorm Spiegel und litt. "Meine Nase hat mein Gesicht verdorben", fasst sie zusammen.

Julia ist nicht doof, wie man jetzt vermuten könnte. Sie ist Gymnasiastin, interessiert sich für englische Literatur und schreibt in ihr Tagebuch Gedichte. Sie machte sich ernsthafte Gedanken über die Vollnarkose, bevor sie in den Sommerferien an den Bodensee fuhr. Warum zu Mang? Weil sie den aus dem Fernsehen kannte. Julias Mutter war anfangs skeptisch. Auch wegen der Kosten. Mang schlug diesen Deal vor: 10.000 Euro minus 2000 Euro Rabatt, wenn Julia ihr neues Näschen bei Bedarf im Fernsehen vorführen würde. Da war nicht mehr viel Überredungskunst nötig - schließlich wusste die Mutter, dass Julias Traumberuf "Model" ist.

Beide bereuen die Entscheidung keine Minute. Julia sagt, sie fühle sich seit der Operation viel sicherer als vorher. Zum Beispiel den Jungs gegenüber. Als Julia nach den Ferien mit Mang-Nase in die Schule kam, waren einige Mädchen neidisch. Julia berichtet: "Manche könnten wirklich auch eine schönere Nase brauchen. Aber da erlauben's die Eltern nicht."

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