Reese Witherspoon:"Klatsch kränkt"

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Reese Witherspoon ist der Prototyp einer Blondine. Doch die bestbezahlte Schauspielerin Hollywoods weiß genau, was gegen lästige Vorurteile hilft.

Antje Wewer

Reese Witherspoon sieht aus wie der Prototyp einer Blondine. Wäre da nicht dieses energische Kinn. Und ihr Ehrgeiz, der ihr als June Carter Cash in "Walk the Line" einen Oscar einbrachte, sie zu einer der bestbezahlten Schauspielerinnen Hollywoods machte und ihre eigene Produktionsfirma Type A gründen ließ. In dem Animationsfilm "Monsters vs. Aliens", der am Donnerstag anläuft, spricht die Mutter zweier Kinder das Monstermädchen Gigantika - allerdings nur in der Originalfassung.

Energisches Kinn und eine eigene Produktionsfirma - nicht gerade typisch für eine hübsche Blonde. (Foto: Foto: AFP)

SZ: Reese Witherspoon, werden Blondinen unterschätzt?

Reese Witherspoon: Immer wieder gerne. Aber es gibt Sicherheitsvorkehrungen. Zuallererst mal die optischen.

SZ: Die da wären?

Witherspoon: Nichts mit Blümchen, Glitzer oder Volants zu tragen. Seit ich in "Natürlich blond" ständig Pink tragen musste, bin ich kuriert und kleide mich besonders gerne klassisch. Außerdem bin ich mit 1,57 Metern nicht sonderlich groß, auch deshalb setze ich auf schlichte Designs.

SZ: Ihr graues Etuikleid würde einer Geschäftsfrau bei einer Powerpoint-Präsentation auch gut stehen.

Witherspoon: Es wirkt herrlich seriös. Ich bin in Berlin, um einen Animationsfilm vorzustellen, in dem ein blaues Glibberdings namens Bob die Hauptrolle spielt - und ich sitze hier in einem eleganten Kleid und High Heels. Das ist doch komisch, oder?

SZ: Finden Sie?

Witherspoon: Der Bruch amüsiert mich. Ohne Humor wäre das alles gar nicht zu ertragen. Ich habe mich nicht ohne Grund auf Comedy-Rollen spezialisiert. In dem Genre arbeiten die Frauen weiter, auch wenn sie Falten bekommen: Diane Keaton, Susan Sarandon, Goldie Hawn. Wer in Hollywood das Talent hat, die Leute zum Lachen zu bringen, braucht keine Angst vorm Altern zu haben. Sich auf sein Aussehen zu verlassen, ist das Dümmste, was man als Schauspielerin machen kann.

SZ: Leicht zu sagen, wenn man so hübsch ist wie Sie, oder?

Witherspoon: Ich bekam noch nie zu hören: Oh mein Gott, Reese, wie schön du bist! Ich glaube, dass mich viele Frauen mögen, weil ich auf eine durchschnittliche Art hübsch bin. Ich erinnere sie an ihre Cousine, eine Kindergartenfreundin oder die Aerobiclehrerin.

SZ: Oder an die junge Dolly Parton.

Witherspoon: Auch eine schlaue Blondine, die ganz anders tickt, als sie aussieht. Ich bin auch in Nashville groß geworden und nicht in New York oder Los Angeles. Mein Vater ist Arzt, meine Mutter Krankenschwester, keine Showbiz-Verbindungen, ich bin unter ganz normalen Menschen groß geworden, die am Ende des Monats ihre Rechnungen bezahlen müssen. Als ich nach Hollywood kam, wollte ich keine Kunstfilme drehen, die sich eine Handvoll Leute anschauen. Ich wollte Popcorn-Filme machen. An denen haben ein Haufen Menschen ihren Spaß, aber sie werden in der Branche nicht respektiert. Wir nennen es das "Comedy-Ghetto", weil du mit einem lustigen Film niemals für einen Oscar nominiert wirst.

SZ: Welche Frau finden Sie lustig?

Witherspoon: Tina Fey! Aber nicht nur wegen ihrer Sarah-Palin-Parodie, sondern weil mich ihre kluge und witzige Geschlechterkritik überzeugt. Sie ist die Eleanor Roosevelt unserer Zeit und sie schreibt so gut wie Dorothy Parker. Frauen, die zu dünn sind, traue ich nicht. Lustigen Frauen dagegen sofort.

SZ: Schon mal einen Mann vergrault, weil er Sie albern fand?

Witherspoon: Nicht, dass ich davon wüsste. Aber albern ist was ganz anderes als witzig. Für Witz brauchst du Timing und Schlagfertigkeit, und dafür braucht es Köpfchen. Ich habe das früh trainiert, weil ich die Kleinste und Jüngste in der Familie war und auf mich aufmerksam machen wollte. Meine Mutter hat Humor. Und ich achte darauf, dass ich mich mit Leuten umgebe, über die ich lachen kann und die meine Scherze mögen. Am Lachen merkt man, ob jemand authentisch ist. Sowieso: Ohne Humor wäre der Irrsinn in Hollywood nicht zu ertragen.

SZ: Vergeht Ihnen der Humor, wenn Sie in Klatschmagazinen zum Beispiel über ihre Scheidung von Ryan Phillippe lesen?

Witherspoon: Ich kaufe diese Magazine nicht. Das Verbot habe ich mir vor Jahren auferlegt. Wenn ich beim Arzt warte, blättere ich dann aber doch - um zu erfahren, dass eine Frau namens Reese Witherspoon gerade unglücklich, schwanger oder aufgedunsen aussieht. Und ja, in dem Moment verpufft mein Sinn für Humor. Klatsch kränkt mich. Immer wieder aufs Neue.

© SZ vom 28.03.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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