Modedesignerin Agnès B.:"Wie nennt ihr Karl? König?"

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Was andere Designer machen, ist ihr völlig egal. Eine Begegnung mit der Pariser Moddeschöpferin Agnès B.

Maxi Leinkauf

SZ: Madame, viele Menschen kennen Ihre Kleider.

Ihr Label verkauft sich, ohne dass sie jemals Werbung dafür machen musste: Agnès B. in ihrem Atelier (Foto: Foto: AFP)

Agnès B.: Mode interessiert mich eigentlich nicht. Die mache ich nur, um Geld zu verdienen.

SZ: Wie finden Ihre Kollegen diese Haltung?

Agnès B.: Mich beschäftigt es nicht im Geringsten, was andere Designer so finden und treiben. Ich besuche auch kaum Boutiquen. Karl Lagerfeld habe ich noch nie getroffen. Wie nennt ihr Deutschen ihn? König Karl? Er macht Chanel. Er ist Couturier. Er wohnt auf einem anderen Stern als ich.

SZ: Was interessiert Sie denn mehr als Mode?

Agnès B.: Ich liebe es, junge Künstler zu entdecken. Ich sehe mich als ihr Katalysator. Seit über zwanzig Jahren führe ich in Paris eine Galerie, wo ich neue Talente ausstellen will, die in Paris noch keiner gesehen hat.

SZ: Hatten Sie als Modemacherin keine Probleme, in der Kunstwelt ernst genommen zu werden?

Agnès B.: Doch! Das war mein großes Handicap. Es war schwierig, sich zu etablieren. Die Franzosen sind missgünstig.

SZ: Aber Sie haben es geschafft. Sie waren beispielsweise die Erste, die die Fotografin Nan Goldin ausstellte. . .

Agnès B.: ... und heute ist sie weltberühmt. Mich hat ihre Radikalität beeindruckt, wie sie ihre Motive inszeniert hat: Sex, Gewalt, Drogen.

SZ: Wer führte Sie an die Kunst heran?

Agnès B.: Ich wuchs in einer Villa bei Versailles auf. Meine Familie war sehr konservativ und sehr kultiviert. Mein Vater fuhr mit mir nach Italien, wo wir durch Museen streiften. Mit 16 Jahren beschloss ich, links zu sein, mit 17 zog ich in ein riesiges Zimmer nach Paris. Die Wände habe ich natürlich schwarz angemalt.

SZ: Und warum haben Sie angefangen, Kleider zu entwerfen?

Agnès B.: So konnte ich meine Existenz sichern. Ich hatte als Teenager geheiratet und Zwillinge bekommen; mit 20 war ich schon wieder geschieden. Damals sprach mich eine Elle-Redakteurin auf der Straße an. Ihr gefiel, wie ich mich kleidete, in Klamotten vom Flohmarkt, was damals noch sehr unüblich war. So begann es. Übrigens bin ich stolz darauf, dass mein Label agnès b. seitdem nie Werbung gemacht hat. Dass in Artikeln Marken hochgelobt werden, die im selben Heft mit Anzeigen werben, ist mafiös.

SZ: Nach Mode und Kunst zieht es Sie jetzt in die Filmszene.

Agnès B.: Vor zehn Jahren habe ich meine eigene Produktionsfirma gegründet. Ich habe gerade das Script für einen Spielfilm verfasst, den ich ab März drehen werde. Er erzählt von der spontanen Reise eines jungen Mädchens mit einem Trucker. Nichts Sexuelles; eine spirituelle Begegnung.

SZ: Ihre Einschätzung: Beendet die Krise den Kunstboom?

Agnès B.: Die Kunst ist für viele Sammler zu einer reinen Geldanlage geworden. Ich hoffe, dass die Krise nun einen moralisierenden Effekt hat; dass ein Kunstwerk nicht mehr wie eine Aktie behandelt wird.

© SZ vom 07.02.2009/mmk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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