Kolumne:Männer aktuell, diesmal: Keith

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Sie sind verblüffend, sie sind rührend, sie sind überall: In ihrer Kolumne beschäftigt sich Johanna Adorján mit Männern. (Foto: imago/Ikon Images (M))

Wenn unsere Autorin Absagen formuliert wie Männer das tun, also sachlich und knapp, ist die Verwunderung immer groß. Könnte ihr Keith dabei helfen? Überhaupt, welcher Keith?

Von Johanna Adorján

Neulich wurde ich mal wieder gefragt, ob ich etwas moderieren würde. Es gibt ja ständig irgendwelche Veranstaltungen, die moderiert werden müssen, da wird jeder Journalist zwangsläufig immer wieder mal angefragt. Ich wollte aber nicht. Nicht nur, weil ich nicht gerne mit der Bahn irgendwo hinfahre, wo ich dann in einem Hotel einchecke und mich dort zwei Stunden aufhalte, weil ich niemanden in dieser Stadt kenne und nicht in Fußgängerzonen abhängen mag. Sondern auch, weil ich nicht so gerne auf Bühnen sitze. Also ich prügele mich jedenfalls nicht darum. Damit die Veranstalter jemand anderen fragen konnten, mailte ich sofort zurück. Ehrlich, sachlich, kurz. Vielen Dank für die Anfrage, aber ich säße generell nicht gerne auf Bühnen und wolle es deswegen nicht machen, trotzdem ganz herzlich, ich.

Sie können sich nicht vorstellen, wie seltsam das angekommen sein muss.

Zufällig traf ich am selben Abend den Chef, von dessen Verlag die Anfrage gekommen war. Schon während des Hallo-Sagens lachte er an, was er gleich anzusprechen gedachte, nämlich, dass das ja eine herrliche Absage gewesen sei, er habe sie weitergeleitet bekommen, also wirklich, ha, ha, haha.

Ich: Herrlich? Ich hab doch einfach nur geantwortet, dass ich es nicht machen möchte.

Er: Ja, aber so toll direkt. Also wirklich fabelhaft. Hahahaha.

Ich: Aber das verstehe ich nicht. Wie soll man denn sonst absagen?

Keine Sorge, sagte er und fasste mir beschwichtigend auf den Arm, es sei wirklich wundervoll gewesen, nein wirklich, ganz groß, und dann lachte er fertig und wandte sich jemand anderem zu, wichtigere Sachen besprechen.

Seither rätsele ich. Welchen Fehler habe ich begangen?

Ich habe beruflich mehr mit Männern zu tun als mit Frauen, immer schon, scheint irgendeine Gesetzmäßigkeit zu sein, an meiner Absage erschien mir nichts abnormal. Stimmt schon, während ich sie schrieb, hatte ich mich selbst ermahnt, nicht zu ausführlich zu werden, mich nicht zu sehr zu entschuldigen, wie es natürlicherweise meine Art wäre, aber die habe ich mir in beruflichen E-Mails abtrainiert, denn wozu? Es gibt auf eine solche Anfrage exakt zwei mögliche Antworten: zusagen oder absagen; für welche man sich entscheidet, steht einem frei. Doch etwas an der Reaktion jenes Chefs ließ nur den Schluss zu, dass meine Art der Kommunikation als höchst ungewöhnlich eingestuft worden war.

Penelope Gazin und Kate Dwyer, Gründerinnen eines Online-Shops für ausgefallene Kunstaccessoires, hatten es irgendwann satt, negative Reaktionen auf ihre Mails zu bekommen. Wenn denn überhaupt Reaktionen kamen. Das war in ihrer Anfangsphase, als sie Geldgeber auftreiben mussten und Techniker finden. Sie erfanden also einen männlichen Mitarbeiter, Keith Mann, mitsamt eigener Firmen-Mailadresse, und seit sie ihre Mails in seinem Namen schrieben, lief der Laden. Als Keith wurden sie ernster genommen, bekamen schneller Antworten, und diese fielen auch freundlicher aus, weil diesem Kerl, der da vorhatte, sich selbständig zu machen, einiges zugetraut wurde.

Vermutlich ist das die Lösung: "Danke für Ihre Anfrage, die wir jedoch nicht zusagen können. Beste Grüße, Keith."

© SZ vom 14.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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