Königin Beatrix:"Königin sein ist ein Auftrag in meinem Leben"

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Sie studiert gerne Akten und überlässt nichts dem Zufall: Beatrix, Königin der Niederlande, feiert ihren 70. Geburtstag.

Siggi Weidemann

Die Königin kann nichts dafür, dass man sie in diesen Tagen pflichtgemäß bejubelt, als Mensch und Majestät. Dazu darf sie sich auch nicht äußern. Mit ihrem 70. Geburtstag, den sie heute feiert, ist das Ende ihrer Regentschaft nicht in Sicht. Den Zeitpunkt für ihre Abdankung zu bestimmen, das ist die einzige formale Entscheidung, die sie allein treffen darf. Beatrix, Königin der Niederlande, ist nach Juan Carlos, König von Spanien und Freund von Beatrix, der zweite europäische Monarch, der 70 Jahre alt ist. Juan denkt auch nicht an Rückzug.

Beatrix achtet auf Etikette. Radfahrend oder in einer Einkaufsschlange stehend hat sie nie jemand fotografiert. (Foto: Foto: AFP)

Aus Sicht der Niederländer ist Beatrix wohl eher eine majestätische Erscheinung, weniger eine reale Person. Dank der perfekten Öffentlichkeitsarbeit durch ihre Pressestelle, den patriotisch gesinnten Rijksvoorlichtingsdienst, erfährt das Volk vom Königshaus nur das, was Beatrix behagt. Auch die auf der Lauer liegenden Stocherer der Boulevardblätter werden unter Kontrolle gehalten.

Holland hat das Glück, dass die Medien anders als in England nicht der Masche "what the butler saw" verfallen sind: Die Erbmonarchie muss ein Rätsel und ein Märchen bleiben. Personen, die mit dem Staatsoberhaupt in Kontakt kommen, sagen lediglich, dass sie an allem "interessiert" sei und herzlich im Umgang ist, zumindest gegenüber jenen, denen sie vertraut. Aber wehe, jemand hat ihren Zorn geweckt. Der sollte ihr künftig besser aus dem Wege gehen.

Beatrix, am 31. Januar 1938 im Palast Soestdijk geboren, glaubt wirklich, dass ihr die königliche Rolle von Gott gegeben ist. Mehr noch als ihre britische Kollegin Elisabeth achtet Beatrix auf Etikette. Aktenkenntnis und Arbeitswut sind herausragende Eigenschaften der Königin. Fotos wie die von ihrer Mutter, radfahrend oder in einer Einkaufsschlange stehend, gibt es von Beatrix keine.

Die Königin, Mutter von drei Söhnen und stolze Großmutter von acht Enkelkindern, hat ihre Eltern und auch ihren Mann begraben. Sie sieht ihre Aufgabe als einen göttlichen Bund, der bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht, als "Stammvater" Wilhelm I. Graf von Nassau, im hessischen Dillenburg geboren, mit dem Geld seiner Mutter den Widerstand gegen die spanische Besatzungsmacht organisiert hatte.

Beatrix: "Königin sein ist ein Auftrag in meinem Leben, etwas, was ich tun muss und was auf alles seinen Stempel drückt." Ihr Streben nach Perfektion kostet Zeit, nichts wird dem Zufall überlassen - und wehe den Protokollbeamten, wenn der Füller kleckst, mit dem sie sich in ein Goldenes Buch eintragen soll.

Weil der christlichen Balkenende-Regierung nur wenige Niederländer trauen, konnte Beatrix große Popularität für die Monarchie gewinnen. Das ist keine geringe Leistung in einem Land, das eine Republik sein will, sich aber den mittelalterlichen Anachronismus eines Königshauses leistet. Niederländer sind mehrheitlich für eine Monarchie, wenn auch in abgespeckter Form: Die Rechte des Königshauses sollen sich auf Repräsentation beschränken. Viele der sparsamen Holländer ärgern sich vor allem über die 113 Millionen Euro, die der Hof jährlich die Steuerzahler kostet. Da ist man ganz calvinistisch.

Aufruf zu mehr Toleranz

Die Position von Beatrix ist nicht unantastbar. Viel Kritik hat sie wegen ihrer letzten Weihnachtsansprache einstecken müssen. Darin hatte sie ihre Sorge über die schwierige Lage der Immigranten geäußert und ihre Untertanen zu mehr Toleranz aufgerufen. Vor allem die negativen Reaktionen aus dem konservativen, königshaustreuen Publikum haben die Königin überrascht. Zum ersten Mal hatte Beatrix die Stimmung im Volk falsch eingeschätzt. Es gibt Beobachter, die glauben, mit Prinz Claus, der seine Frau bis zu seinem Tod korrigiert und beraten hatte, wäre dies nicht passiert. Er war auch der einzige Mensch, der die eigenwillige Beatrix kritisieren durfte.

Beatrix verkörpert die Erinnerung an jene Zeit, als in Amsterdam die 68er-Jugend gegen das Establishment auf die Barrikaden ging und gegen ihren Mann protestierte, den deutschen Diplomaten Claus von Amsberg. Sie hat die Straßenkämpfe am Hochzeitstag nie überwunden. Obwohl sich die Königin noch nicht zu ihrem Rücktritt geäußert hat, blühen die Spekulationen. Beatrix' Mutter trat an ihrem 71. Geburtstag ab. Der Fortbestand der Monarchie ist durch den 40 Jahre alten Thronfolger Prinz Willem-Alexander und dessen drei Kinder gesichert - dank der zupackenden Ehefrau Maxima Zorreguieta. Ihm mache es auch nichts aus, so hat der Prinz einmal gesagt, dass eine Diskussion über die Monarchie geführt werde.

© SZ vom 31.01.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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