Kinderstars:Pakistans first Topmodel

Lesezeit: 2 min

Kulleraugen, großes Grinsen: Laila Naim in der aktuellen Burberry-Kampagne. (Foto: Hersteller)

Wie die fünfjährige Laila Naim durch eine Werbekampagne für Burberry zum Gesicht ihres Landes wurde.

Von Laura Hertreiter

Widerstand ist zwecklos, Laila Naim bezaubert jeden. Seit die Fünfjährige mit den Schokoladenaugen und dem großen Grinsen als Model in der neuen Burberry-Kampagne aufgetaucht ist, schmelzen alle dahin. Internationale Zeitschriften drucken große Bilder und verliebte Texte, in sozialen Netzwerken ist das Mädchen seit Wochen der Star.

Noch nie hat jemand so zuckersüß im Trenchcoat, dem Burberry-Klassiker, ausgesehen. Obwohl es in der langen Geschichte des Kleidungsstücks viele Versuche gab: Audrey Hepburn in "Frühstück bei Tiffany" etwa, Kate Moss und Cara Delevinge in einer Parfumkampagne und, etwas weniger niedlich, Horst Tappert in "Derrick".

Zuckersüß reicht aber nicht.

Das beweist der blondgelockte Junge, der auf dem Kampagnenfoto mit Laila unter einem Schal steckt. Auch putzig. Aber niemand will wissen, wer er ist. Laila Naim hingegen wurde zur Heldin der Herzen, weil sie als erstes pakistanisches Model gilt, das für ein Toplabel vor der Kamera steht. Ein Gesicht aus dem Land also, in dem es Zwangsehen gibt, in dem immer wieder Frauen gesteinigt und unterdrückt werden.

Wie Laila so plötzlich zur kleinen Ikone wurde? Ein Anruf bei ihrer Mutter Sadia Siddiqui in England. "Laila war schon immer ein Showstar", sagt sie. "Sie steht bei jeder Gelegenheit im Mittelpunkt." Das bezeugen Internetvideos, in denen Laila ihr Kinderzimmer zeigt und mit kleinem Lispeln aus ihrem Leben plaudert.

Aufgewachsen ist sie mit den Eltern und ihrem sieben Jahre älteren Bruder in London, jeden Sommer verbringt die Familie in Islamabad, erzählt Siddiqui. Mit drei Jahren begann die Tochter zu singen und zu tanzen, mit vier nahm sie Unterricht an einer Schauspielschule und landete in der Kartei einer britischen Agentur für Kindermodels.

Die Mutter ist Fernsehproduzentin, sie modelt selbst gelegentlich und gründete die nach eigenen Angaben erste Agentur für asiatische Models. In einem Interview mit dem Magazin Hello Pakistan sagte sie vor drei Jahren: "Ich wünsche mir, dass meine Kinder auch einmal etwas bewirken." Das könnte nun soweit sein, zumindest interpretieren das viele Stimmen in Laila Naims Blitzkarriere hinein.

Nach ihrem ersten Shooting für Burberrys Kampagne zur Frühjahrskollektion wurde Laila gleich noch einmal für die Herbst- und Winterkollektion gebucht. Es folgten Aufträge für Vogue, Marie Claire, Instyle und Tatler. Außerdem wirbt sie für die britische Einzelhandelskette Marks & Spencer, sagt ihre Mutter, die dabei ziemlich glücklich klingt.

"Sie macht Pakistan stolz", schreibt The Express Tribune mittlerweile über Laila, "Sie ist nicht mehr zu stoppen", jubelt die Times of India. Und überall ist die Rede davon, dass das kleine Mädchen nun in einer Liga mit Topmodels wie Cara Delevingne, Kate Moss oder Naomi Campbell spiele.

Tatsächlich hat Laila ihre Kolleginnen in sozialen Netzwerken längst abgehängt. Der Instagram-Post von Burberry, der sie im Trenchcoat zeigt, hatte in nur fünf Tagen knapp 80 000 Likes, mehr als jeder andere Beitrag des Labels bislang. Ein Foto von Naomi Campbell erreichte ein paar Tage zuvor nur die Hälfte.

Andererseits dürfte allen klar sein, dass Laila außer Konkurrenz läuft. Es ist nun einmal das gute alte Kindchenschema, dem niemand widerstehen kann, das ihr Spitznamen wie "Schnuckel", "Prinzessin" und "Rapunzel" eingebracht hat. Das Stupsnäschen und die Kulleraugen funktionieren so perfekt, dass niemand über die niedrige Zahl der Kindermodels nachdenken mag, die auch später noch erfolgreich sind. Und dass bislang niemand die eigentlich reflexartige Frage nach dem Recht des kleinen Models auf eine unbeschwerte Kindheit stellt.

Ihre Mutter sagt: "Für Laila sind Shootings keine Arbeit. Da gibt es immer Entertainer für die Kids." Außerdem sei sie selbst Profi und würde die Tochter ja immer begleiten. Laila selbst ruft aus dem Hintergrund: "Ich liebe modeln." Später aber wolle sie Ärztin werden. Ihre Mutter lacht. "Laila ist erst in die Schule gekommen. Sie ist noch viel zu klein, um das zu entscheiden."

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: