Interview mit Michael Keiner über Pokern:Wenn Venen schwellen - Tipp eines Meisters

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Michael Keiner, 888 Pokerprofi, ist Kapitän der deutschen Pokernationalmannschaft und ehemaliger Europameister. Mit dem Pokern verdient er ein gutes Geld, denn schlechte Spieler gibt es genug.

Christina Maria Berr

Michael Keiner ist Europameister im Pokern. Mit dieser Sportart verdient der 47-jährige Mediziner viel Geld - denn schlechte Spieler gibt es genug.

Pokerprofi Michael Keiner (Foto: Foto: oh)

sueddeutsche.de: Sind Sie ein Zocker, Herr Keiner?

Michael Keiner: Ich bin ein Zocker. Und ich bin ein Sportler.

sueddeutsche.de: Haben Sie Tipps fürs Training?

Keiner: Ich mache täglich Sport. So wird man emotional ausgeglichener und psychisch stabiler für das Turnier.

sueddeutsche.de: Ist das wichtig für's Pokerface?

Keiner: Ja, ich versuche immer möglichst neutral zu wirken.

sueddeutsche.de: Keine Bluffs und Tricks?

Keiner: Die gehören natürlich dazu. Ich kann zum Beispiel einen Druck im Zwerchfell erzeugen, der dann die Venen am Hals anschwellen lässt - eigentlich ein Zeichen des Bluffs.

sueddeutsche.de: Und sonst?

Keiner: Andere Tricks verrate ich nicht, sonst funktionieren sie nicht mehr.

sueddeutsche.de: Was ist mit Mimik? Mit Worten?

Keiner: Manchmal kann man mit kurzen Sätzen den Gegner verunsichern. Aber man muss vorsichtig sein. Das ist ein wenig wie psychologische Kriegsführung.

sueddeutsche.de: Also alles Psychologie?

Keiner: Nicht alles, aber mindestens 50 Prozent. Das ist die hohe Kunst: Den Gegner und sich selbst zu analysieren.

sueddeutsche.de: Und die anderen 50 Prozent?

Keiner: Mathematik gehört dazu, Disziplin und natürlich etwas Glück.

sueddeutsche.de: Laut Gesetz wird Pokern als Glücksspiel gesehen, die Einnahmen - für Nicht-Gewerbebetreibende- daher steuerfrei.

Keiner: Das wird sich bestimmt bald ändern. Das letzte Urteil zu Pokern in Deutschland stammt von 1906. Ich würde es als Geschicklichkeits- und Strategiespiel bezeichnen.

sueddeutsche.de: Im Internet ist es in Deutschland illegal, trotzdem spielen alle. Was ist der Unterschied zwischen dem Spiel in der virtuellen Welt und einem Turnier am Pokertisch?

Keiner: Im Internet ist das Niveau niedriger. Ich kann mir ja dort den Tisch aussuchen. Und ich nehme immer den mit den schlechtesten Spielern. Das bringt am meisten Geld.

sueddeutsche.de: Und woran erkennt man die?

Keiner: An ihrer Taktik. Viele mittelmäßige Spieler sieht man, selbst wenn sie ihre Internet-Namen ändern. Denn ein wirklicher Profi wechselt immer wieder seine Spielweise, aber das können die wenigsten.

sueddeutsche.de: Was ist mit dem berühmten Anfängerglück?

Keiner: Auf die Dauer bringt das nichts. Das Glück wirkt sich im Laufe der Zeit auf alle Menschen gleich aus.

sueddeutsche.de: Kann man mit Pokern reich werden?

Keiner: Ich warne davor, den Traum vom großen Gewinn beim Pokern zu suchen.

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