Michael Keiner ist Europameister im Pokern. Mit dieser Sportart verdient der 47-jährige Mediziner viel Geld - denn schlechte Spieler gibt es genug.
sueddeutsche.de: Sind Sie ein Zocker, Herr Keiner?
Michael Keiner: Ich bin ein Zocker. Und ich bin ein Sportler.
sueddeutsche.de: Haben Sie Tipps fürs Training?
Keiner: Ich mache täglich Sport. So wird man emotional ausgeglichener und psychisch stabiler für das Turnier.
sueddeutsche.de: Ist das wichtig für's Pokerface?
Keiner: Ja, ich versuche immer möglichst neutral zu wirken.
sueddeutsche.de: Keine Bluffs und Tricks?
Keiner: Die gehören natürlich dazu. Ich kann zum Beispiel einen Druck im Zwerchfell erzeugen, der dann die Venen am Hals anschwellen lässt - eigentlich ein Zeichen des Bluffs.
sueddeutsche.de: Und sonst?
Keiner: Andere Tricks verrate ich nicht, sonst funktionieren sie nicht mehr.
sueddeutsche.de: Was ist mit Mimik? Mit Worten?
Keiner: Manchmal kann man mit kurzen Sätzen den Gegner verunsichern. Aber man muss vorsichtig sein. Das ist ein wenig wie psychologische Kriegsführung.
sueddeutsche.de: Also alles Psychologie?
Keiner: Nicht alles, aber mindestens 50 Prozent. Das ist die hohe Kunst: Den Gegner und sich selbst zu analysieren.
sueddeutsche.de: Und die anderen 50 Prozent?
Keiner: Mathematik gehört dazu, Disziplin und natürlich etwas Glück.
sueddeutsche.de: Laut Gesetz wird Pokern als Glücksspiel gesehen, die Einnahmen - für Nicht-Gewerbebetreibende- daher steuerfrei.
Keiner: Das wird sich bestimmt bald ändern. Das letzte Urteil zu Pokern in Deutschland stammt von 1906. Ich würde es als Geschicklichkeits- und Strategiespiel bezeichnen.
sueddeutsche.de: Im Internet ist es in Deutschland illegal, trotzdem spielen alle. Was ist der Unterschied zwischen dem Spiel in der virtuellen Welt und einem Turnier am Pokertisch?
Keiner: Im Internet ist das Niveau niedriger. Ich kann mir ja dort den Tisch aussuchen. Und ich nehme immer den mit den schlechtesten Spielern. Das bringt am meisten Geld.
sueddeutsche.de: Und woran erkennt man die?
Keiner: An ihrer Taktik. Viele mittelmäßige Spieler sieht man, selbst wenn sie ihre Internet-Namen ändern. Denn ein wirklicher Profi wechselt immer wieder seine Spielweise, aber das können die wenigsten.
sueddeutsche.de: Was ist mit dem berühmten Anfängerglück?
Keiner: Auf die Dauer bringt das nichts. Das Glück wirkt sich im Laufe der Zeit auf alle Menschen gleich aus.
sueddeutsche.de: Kann man mit Pokern reich werden?
Keiner: Ich warne davor, den Traum vom großen Gewinn beim Pokern zu suchen.