Gift im Kinderzimmer:Nichts für Kinder

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Schon wieder wurde Spielzeug mit alarmierendem Ergebnis getestet - jedes fünfte Produkt kann die Gesundheit gefährden.

Maurice Wojach

Als britische Handwerker im 19. Jahrhundert zum ersten Mal Landkarten auf dünne Holzbrettchen klebten und mit der Säge zerteilten, diente das Puzzle als pädagogischer Trick. Spielerisch sollten sich die Schüler einprägen, wo welche Stadt hingehört und dass England an der Nordsee und nicht am Mittelmeer liegt. Viele, die das schon wissen, finden Puzzles fast 250 Jahre später vor allem langweilig. Als besonders gefährlich gelten sie aber eigentlich nicht.

Kinderspielzeug im Test: 16 von 150 Proben der Spielzeuge wiesen gravierende chemische Mängel auf (Foto: Foto: iStockphotos)

Eine Untersuchung hat nun das Gegenteil bewiesen: Experten der nordrhein-westfälischen Ministerien für Verbraucherschutz und Gesundheit fanden in einigen Holzpuzzles grenzwertüberschreitende Spuren des krebserregenden Stoffes Formaldehyd. Andere Spielzeuge besaßen leicht lösliche Verzierungen oder schlecht befestigte Kleinteile, die von Kindern verschluckt werden können. Jedes fünfte Produkt fiel durch den Sicherheitstest. Getestet wurde Spielzeug für Kinder im Alter von bis zu drei Jahren.

Erst vor knapp zwei Jahren hatte der Spielzeugkonzern Mattel weltweit mehr als eine Million Produkte aus den Regalen genommen. Die in China hergestellten Spielzeuge waren mit einer bleihalten Farbe überzogen. Im vergangenen Jahr folgten auch in Deutschland zahlreiche Tests - mit beunruhigenden Ergebnissen. So stießen die TÜV-Prüfer in Köln und Nürnberg auf falsche Kennzeichnungen und so genannte "Weichmacher" in Kunststoffen, die im Verdacht stehen, Unfruchtbarkeit bei Männern zu verursachen.

Anders als ihre Kollegen vom TÜV haben die Experten vom Ministerium sich in der aktuellen Untersuchung nicht nur auf Billigprodukte unter zehn Euro konzentriert. "Nach der Rückholaktion von Mattel war uns wichtig, auch Produkte in etwas höheren Preisklassen zu kontrollieren", sagt Martin Nordhaus, technischer Prüfer vom NRW-Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit.

Von den 150 untersuchten Proben fielen 19 durch Kleinteile auf, die von Kindern verschluckt oder eingeatmet werden können, 16 von 150 Proben der Spielzeuge wiesen nach Angaben der Ministerien gravierende chemische Mängel auf. Es seien nicht nur im Ausland gefertigte Produkte, die gegen EU-Regeln für die Produktion von Spielzeugen verstießen. Die über 20 Jahre alte EU-Richtlinie wird gerade geändert und fordert die Unternehmen auf, neben den bestehenden amtlichen Stichproben sich selbst zu kontrollieren.

Karlheinz Hieronymus, Experte vom TÜV Rheinland, weist darauf hin, dass man sich auch über Kontrollen von im Internet angebotenen Spielzeugen Gedanken machen müsse. Diese kämen meist von Herstellern, die nicht genau ermittelbar und auch kaum überprüfbar seien.

NRW-Verbraucherschutzminister Eckhard Uhlenberg (CDU) riet derweil allen Eltern zu Wachsamkeit. Die Verbraucher sollten in dem Spielzeugladen einen "Reibetest" machen, bevor sie das Produkt kaufen. Wenn das Spielzeug abfärbt, könnten giftige Stoffe in den Körper daran nuckelnder Kleinkinder gelangen. Das gilt übrigens auch für die Spanholzteile von einigen der getesteten Puzzles.

© SZ vom 07.04.2009/mmk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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