Der Partner als Beute:"Wie ein Pawlowscher Hund"

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Neue Liebe, altes Schema: Diplom-Psychotherapeut Stefan Woinoff über Boris Beckers "Babs-Abziehbilder" und warum jeder einem bestimmten Beuteschema bei der Partnerwahl folgt.

K. Haimerl

sueddeutsche.de: Boris Becker hat sich mit Sandy Meyer-Wölden verlobt und sich offensichtlich von seinem Beuteschema gelöst. Plötzlich liebt er eine hellhäutige Blondine. Sind wir alle bei der Partnerwahl bestimmten Kriterien verfallen?

Reize fürs Auge: Sandy Meyer-Wölden ist ein Wendepunkt in Boris Beckers Leben, glaubt Diplom-Psychotherapeut Stefan Woinoff. (Foto: Foto: dpa)

Stefan Woinoff: Jeder Mensch hat ein Beuteschema, das mehr oder weniger festgelegt ist. Dafür gibt es in der Psychologie mehrere Kriterien, die unter anderem archaischer Natur sein können.

sueddeutsche.de: Was bedeutet das?

Woinoff: Viele Frauen suchen immer noch nach dem körperlich überlegenen Mann, oder einem Partner, der einen höheren Status hat. Gerade dieses Schema ist heutzutage problematisch: Immer mehr Frauen haben einen höheren Bildungsstatus - und neigen weiterhin dazu, einen Partner zu suchen, der mindestens ebenso erfolgreich ist. Da wird die Luft bei der Wahl ziemlich dünn.

sueddeutsche.de: Wir leben also in Sachen Partnersuche immer noch in der Steinzeit?

Woinoff: Zum Teil ja. Allerdings kann die Partnersuche auch durch kurzlebige Modeerscheinungen beeinflusst werden. Zu meiner Studienzeit etwa war es angesagt, Künstler zu sein, Medizinstudenten hatten es da schwerer.

sueddeutsche.de: Was prägt unser Beuteschema noch?

Woinoff: Ein Mann sucht oft unbewusst nach einer Frau, die der Mutter ähnelt, bei der Frau dient oft der Vater als Vorbild. Es kann auch die erste große Liebe sein, eine sehr intensive Beziehung, die prägt. Das mag der Grund dafür sein, dass Boris Becker ständig nach Babs-Abziehbildern gesucht hat. Da agiert man wie ein Pawlowscher Hund, es gibt einen bedingten Reiz, man sieht eine Frau - und kann einfach nicht anders.

sueddeutsche.de: Gibt es auch Menschen, die bei der Partnersuche keinem Schema folgen?

Woinoff: In Kuala-Lumpur hat ein 33-jähriger Mann eine 104-Jährige geheiratet - mit der Begründung, er bewundere ihr tiefes religiöses Wissen. Das schlägt wirklich alle gängigen Schemata. Grundsätzlich aber folgt jeder Mensch bestimmten Kriterien bei der Partnersuche.

sueddeutsche.de: Was sagt es über das Leben eines Menschen aus, wenn er von seinem Beuteschema abweicht, wie jetzt Boris Becker?

Woinoff: Das ist ein Wendepunkt. Becker wird älter, es setzt die sogenannte zweite Pubertät ein. Das passiert gerade bei Männern mit 40, 50 Jahren, die dann eventuell noch einmal neu anfangen. Boris Becker hat Sandy Meyer-Wölden aufwachsen sehen, er hat sie erblühen und schön werden sehen. Ich kann mir vorstellen, dass er eine echte, neue Liebe gefunden hat. Problematischer finde ich Sandys Seite: Sie ist ihrem Beuteschema treu geblieben - dem Tennisstar.

Dr. Stefan Woinoff ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie mit dem Schwerpunkt Beziehungsprobleme. Er ist Autor des Buchs "Überlisten Sie Ihr Beuteschema" und betreibt eine Praxis in München.

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