Aufputschmittel:Von wegen Mode-Droge

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Crystal nimmt inzwischen weltweit den zweiten Platz beim Konsum illegaler Drogen ein. Insbesondere unter Jugendlichen gilt es als Modedroge. Dabei haben sich schon ihre Urgroßväter im 2. Weltkrieg damit aufgeputscht.

Martin Wiehl

Crystal gehört zur Substanzgruppe der Amphetamine und ist als Metamphetamin nur reiner und wesentlich stärker in der Wirkung.

Im 2. Weltkrieg wurde es gerne den Soldaten mit ins Marschgepäck gegeben, damit sie länger durchhielten.

Heute glauben Kinder und Jugendliche, mit dem Aufputschmittel ihre Tauglichkeit an ganz anderer Front unter Beweis stellen zu müssen: auf der Tanzfläche und in Partys.

Nach Cannabis nimmt Crystal inzwischen weltweit den zweiten Platz beim Konsum illegaler Drogen ein.

Anders als in den USA findet man die Crystal-Abhängigkeit in Deutschland noch relativ selten.

Tendenz stark steigend

Die Tendenz ist aber stark steigend, warnte Edelhard Thoms von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Park-Krankenhaus Leipzig auf dem 7. Interdisziplinären Kongress für Suchtmedizin in München.

Die von den Konsumenten gesuchte Wirkung der Droge besteht darin, dass die natürlichen Grenzen der Belastbarkeit nicht mehr wahrgenommen werden.

Deshalb und weil Metamphetamin enthemmend wirkt, ist sein ureigenster Platz ebenso wie Ecstasy in der Partyszene. Allerdings wird das weiße Pulver Kindern und Jugendlichen meist auf dem Schulhof und im Wohnumfeld angeboten.

Bei einem Grammpreis von etwa 70 Euro kostet der einzelne Rausch nur etwa sieben bis zehn Euro. Und das sprengt nicht unbedingt die Taschengeldgrenze.

Dass hier vor allem die Jüngeren zugreifen, zeigt eine Untersuchung von 45 Crystal-Abhängigen: fast die Hälfte war 17 Jahre alt und jeder fünfte gar erst 15 Jahre. Der Beginn des Missbrauchs lag meist zwei bis zweieinhalb Jahre zurück.

Bei den gefährlichen Folgen des Drogenkonsums von Nebenwirkungen zu sprechen, geht natürlich voll an der Sache vorbei: Schwitzen, Unruhe und Übelkeit, Herzrasen und Blutdruckanstieg gehören schließlich zu den ureigensten Wirkungen eines ordentlichen Aufputschmittels.

Dass diese auch in Herzrhythmusstörungen und regelrechte Hochdruckkrisen münden können, muss dann auch nicht weiter verwundern.

Außerdem kommen eine Abflachung der Atmung ausgerechnet bei Überlastung, Krampfanfälle und Störungen der Bewegungsabläufe hinzu. Als Langzeitfolgen des Missbrauchs findet man aggressives Verhalten, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen und Ausfälle im Kurzzeitgedächtnis.

Der Entzug ist heftig und erfordert laut Thoms in der Regel ein breit gefächertes Therapieangebot. Die Jugendlichen sind unruhig und zeigen eine ausgeprägte Störung der Impulskontrolle. Auch Wahnvorstellungen und Psychosen sind möglich. Körperlich stehen Herzrhythmusstörungen und Magenprobleme im Vordergrund.

Bis sich wieder ein normaler Schlaf-Wach-Rhythmus einstellt, kann es Wochen dauern. Häufig ist eine mehr als viermonatige Therapie erforderlich, um die Kinder und Jugendlichen so weit zu stabilisieren, dass sie wieder ohne das Stimulans zurechtkommen.

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