ZDF: Streit um Chefredakteur:Brenders heißer Stuhl

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Es ist ein Hin und Her um den Chefredakteur des ZDF. CDU-Vertreter wollen Brender von seinem Sessel entfernt sehen - wohl sogar die Kanzlerin. Doch es gibt auch Widerstand.

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat die Zukunft des ZDF-Chefredakteurs in Frage gestellt - dafür hagelt es Zustimmung genauso wie Kritik. Nach Informationen des Spiegel will inzwischen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel Brender abservieren. Das liege nicht an der politischen Einstellung Brenders, sondern an seiner Person. Die werde als "zu undiplomatisch" bewertet. Mit anderen, ebenfalls als SPD-nah eingestuften Top-Journalisten der öffentlich-rechtlichen Anstalten habe man weniger Probleme, zitiert das Magazin. Brender dagegen sei unberechenbar.

Um ihn rankt sich derzeit ein heftiger Streit: ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender. (Foto: Foto: dpa)

Die Staatskanzlei Brandenburg schließt unterdessen einen Kompromiss in dem Streit nicht aus. "Wenn sich der ZDF-Verwaltungsrat nicht bis Ende März einigt, dann wird eine Vertragsverlängerung ohne Ansehensverlust sehr schwer", sagte der Chef der Potsdamer Staatskanzlei, Clemens Appel (SPD), der Deutschen Presse-Agentur. "Auch ein Nichtergebnis ist dann ein Ergebnis."

Ansehensverlust gefürchtet

Appel koordiniert die Rundfunkpolitik für Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der Mitglied im ZDF-Verwaltungsrat ist - jenem Gremium, das über die Personalie entscheidet. "Es gibt einen gewissen Einigungszwang, weil Brender Anspruch darauf hat, ein Jahr vor Ablauf Bescheid zu bekommen, ob sein Vertrag verlängert wird", unterstrich Appel. "Wenn man sich nicht einigen kann, wird es am Ende vielleicht auch einen Kompromiss geben."

Der Vertrag von Brender (60) läuft im März 2010 aus. Intendant Schächter will dem Verwaltungsrat am 27. März vorschlagen, den Vertrag um fünf Jahre zu verlängern. Brender ist seit April 2000 Chefredakteur. Der Verwaltungsrat besteht aus 14 Mitgliedern, die vom Bund, den Ländern und dem Fernsehrat bestimmt werden. Vorsitzender ist der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), sein Stellvertreter Roland Koch (CDU). Zu den weiteren Mitgliedern gehören die Ministerpräsidenten des Saarlandes, Peter Müller (CDU), und von Brandenburg, Matthias Platzeck (SPD), der frühere bayerische Regierungschef Edmund Stoiber (CSU) und der Kultur-Staatsminister der Bundesregierung, Bernd Neumann (CDU).

Fadenscheinige Argumentation

Koch macht Brender für sinkende Quoten von Nachrichtensendungen verantwortlich. Davon allerdings distanziert sich Appel: "Der Verwaltungsrat ist gar nicht für die Quote zuständig." Außerdem lege die Politik stets Wert darauf, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht nur auf die Quote schaue. Für ihn sei Brender ein fähiger Chefredakteur, der nicht wegen parteipolitischen Taktierens in Frage gestellt werden sollte. Allerdings wolle er angesichts der Diskussion nicht den Untergang des Abendlandes heraufbeschwören, meinte Appel. "Aber eine Attacke auf die journalistische Freiheit des Senders ist es in meinen Augen schon."

Zahlreiche Journalisten haben sich indes auf die Seite Brenders gestellt - die größten Zeitungen des Landes etwa haben Brender genau die Unabhängigkeit attestiert, mit der die Union offenbar so ihre Probleme hat.

Auch der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, hat die Vorwürfe Kochs kritisiert. "Roland Kochs ZDF-Attacke schadet dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk erheblich", sagte Geschäftsführer Olaf Zimmermann. "Insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll für Unabhängigkeit und Pressefreiheit stehen. Er ist in besonderer Weise der Kultur verpflichtet." Der Kulturrat monierte, "das von Koch angeführte Argument der vermeintlich geringeren Quoten der Sendungen heute und heute-journal ist ebenso fadenscheinig wie falsch." Gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei zu einem Qualitätsprogramm verpflichtet. Sein Maßstab sei die Erfüllung des Programmauftrags und nicht der Quote.

Grünen-Parteichef Cem Özdemir wirft Koch eine Kampagne gegen den Chefredakteur vor. "Sie wird zum Skandal, sollte sich herausstellen, dass sie aus dem Kanzleramt befördert wird", sagte Özdemir in Berlin. "Wenn es stimmt, dass Angela Merkel und Roland Koch gemeinsam die Absetzung eines profilierten Chefredakteurs betreiben, dann leben wir in einer medienpolitischen Bananenrepublik." Weder einer Staatskanzlei noch dem Bundeskanzleramt stehe es an, sich in die Personalangelegenheiten einer unabhängigen Sendeanstalt einzumischen.

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