Gummibärchensaft im Mund abschmecken und gleichzeitig etwas über das literarische Schreiben lernen? Das war am Mittwoch im Literaturhaus möglich. Dort fand zum zweiten Mal eine offene Werkstatt zum Thema "Literarisches Schreiben" unter der Leitung von Katrin Lange und Fridolin Schley statt.
Was zeichnet eine gute Schreibwerkstatt aus? In erster Linie, dass sie offenen Raum bietet für Einfälle, Methoden und kreative Funken jeder Art, statt ein festes Regelwerk handwerklicher Griffe zu vermitteln. Weiterhin, dass literaturerfahrene Seminarleiter das kreative Geschehen ordnen und produktiv lenken, aber auch Contra bieten, sollten schwer begründbare Gestaltungen diskutiert werden. Das alles war in dieser Werkstatt der Fall. Statt sich an einen strikt ausgearbeiteten Plan zu halten, ließen Lange und Schley die entstehende Dynamik zu. Sie boten Raum für jeden noch so abwegigen Einfall - denn immer wieder, und das gehört ja auch dazu, erzählten die Teilnehmer aus ihrem Alltag, von Eindrücken oder Erinnerungen. Letzteres war auch das Motto dieser Werkstatt.
Hatte Platon noch moniert, die neue Mode des Notierens habe nachhaltige Schäden des menschlichen Gedächtnisses zur Folge, entwickelte sich das Schreiben und Erzählen zur gängigen Methode des Festhaltens und der Weitergabe von Erinnerungen. Und so wurden in proustscher Manier Gummibärchen herumgereicht - um Kindheitserinnerungen zu wecken und um diese in Form einer Schreibübung zu notieren. Anschließend sollte man dieses Erlebnis aus der Perspektive eines Insektes beschreiben. Hier sollte man ausprobieren, wie die eigene Erfahrung sich aus einem anderen Blickwinkel anfühlt. Man lernte: Erinnert wird immer in einer bestimmten Situation, die diese gleichsam mitprägt. Besprochen wurde in der Runde aber auch: Welche Potenziale hat der Text? Eignet er sich zu einem längeren Erzählprojekt?
Schreiben ist in der Regel eine sehr private Angelegenheit, bei der es sich nicht vermeiden lässt, etwas von sich preiszugeben. Von daher ist es immer schon sehr spannend, zu beobachten, wie andere Menschen die Welt auffassen und zu Texten verarbeiten. In dieser Hinsicht war es nicht tragisch, dass in den drei Stunden nur zwei von den Teilnehmern vorher eingereichte Texte besprochen werden konnten. Die Fehler, Kniffe, Gedanken und Wege eines fremden Textes helfen dem eigenen Schreiben. Man lernt dadurch, seinen Blick für die innere Struktur eines Textes zu schärfen. Ein solches Seminar ist also eine gute Möglichkeit, um sich im Literarischen Schreiben zu üben (die nächsten Termine: 12. März und 24. Juni). Die Übungen lassen sich natürlich auch mit nach Hause nehmen - man könnte es dann ja auch mal mit Kaugummizigaretten statt Gummibärchen versuchen.