Winterreise:"Oper für Obdach" am Hauptbahnhof

Einsamkeit, Ausgrenzung, Heimatlosigkeit, Tod, Sehnsucht und Kälte, Kälte unter den Menschen, Kälte in den Städten. Davon, und von der Idee, all das zu überwinden, handelt Christoph von Weitzels Interpretation von Schuberts "Winterreise". Seit 2006 verfolgt der Bariton sein Projekt "Oper für Obdach" und zeigt den Liederzyklus in der Regie von Hugo Scholter dort, wo die Sehnsucht nach einem anderen Leben groß ist: an Bahnhöfen, in der Öffentlichkeit. Christoph von Weitzel ist im Dienst der Wohnungslosenhilfe unterwegs, aber auch im Dienst der Kunst. Seine zur Ein-Mann-Oper verdichtete "Winterreise" zeigt er am Freitag, 23. November, im Zwischengeschoss am Münchner Hauptbahnhof, dort, wo es zur S-Bahn hinab geht. Und zwar vier Mal, um 13, 14, 15 und 16 Uhr. Der große Kritiker der FAZ, Gerhard Rohde, schrieb einst über eine Aufführung in Frankfurt: Moderner, gegenwärtiger könne eine "Winterreise" mit Schubert nicht gelingen. Christoph von Weitzel schlüpft dafür in das Kostüm eines Obdachlosen, braucht nur sich und ein Klavier und die Zuschauer, Passanten. In den Pausen zwischen den einzelnen Opernaufführungen begeben sich die Schauspielerin Tinka Kleffner und die Geschichtenerzählerin Silvia Angel in die Welt der Betroffenen und schildern, wie Wohnungslosigkeit entsteht und wie sie sich anfühlt. Natürlich ist der Eintritt frei.

© SZ vom 22.11.2018 / etho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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