Vorschlag-Hammer:Zeitlos schön

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Es ist erstaunlich, dass bislang noch kein einziger guter Trump-Witz kursiert. Dabei birgt diese Figur doch von der Sohle bis zum, naja, Scheitel weit mehr humoristisches Potenzial als es ein Helmut Kohl je hatte

Von Oliver Hochkeppel

Wie groß die Schockstarre ist, sieht man auch daran, dass noch kein einziger guter Trump-Witz kursiert. Dabei birgt diese Figur doch von der Sohle bis zum, naja, Scheitel weit mehr humoristisches Potenzial als es ein Helmut Kohl ("Birne" dürfte immer noch der Rekordhalter als Witzfigur sein) je hatte. Vielleicht löst sich das ja in den Jahresrückblicken der Kabarettisten. Es gibt schließlich eine ganze Reihe von Profis, die sich darauf spezialisiert haben. Manche beginnen seriöserweise erst im Januar, ein Henning Venske etwa, der wohl auch wieder den bösesten Witz abliefern wird (26. bis 28. Januar, Lach- und Schießgesellschaft). Holger Paetz beginnt mit seinem Mitte Dezember, ist im Münchner Raum aber erst am 6. Januar zu sehen (11 Uhr im Einstein und um 20 Uhr im Holzkirchner Oberbräu). Viele jedoch gehen schon früher an den Start, so auch Django Asül, der am 27. November in der Ismaninger Seidlmühle Premiere hat (5. Dezember im Ebersberger Alten Kino, 6. bis 10. Dezember im Lustspielhaus).

Da beschleicht einen wieder das Gefühl von immer höherer Beschleunigung und Flüchtigkeit. Von Jahr zu Jahr wird dasselbe scheinbar immer kürzer, Silvester etwa war doch eben erst, und auch die Wiederwahl des "guten" US-Präsidenten ist gefühlt gerade mal ein paar Monate her. Sich daraus befreien kann man, indem man zu den Konstanten, zum Unvergänglichen greift. Zur Musik Django Reinhardts beispielsweise, die auf völlig wundersame Weise zeitlos ist, insbesondere wenn sie von so grandiosen jungen Adepten zelebriert wird wie einem Diknu Schneeberger (19. November im Max-Joseph-Saal der Residenz). Oder mit dem ewigen Chris Barber, der auch mit 86 und nach einer bald 70 Jahre dauernden Karriere krachenden britischen Bigband-Rhythm'n'Jazz spielen lässt, dass es eine wahre Freude ist (19. November im Prinzregententheater).

Schließlich gibt es ein weiteres Phänomen des Zeitgefühls, das der wiederkehrenden Überraschung. Wie das Rosenheimer Gesamtkunstwerk Peter Wiegand, ein optimistischer Tom Waits zwischen Wiener Kaffeehaus-Blues und New Yorker Jazzclub-Fieber. Ein zu Unrecht Vergessener, den man jedesmal aufs Neue entdecken muss. Jetzt am 18. November im Fraunhofer, wo er nicht nur singt, sondern auch einen wunderbaren Dokumentarfilm von Siniša Galić über sich präsentiert.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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