Vorschlag-Hammer:Schöne Rosinen

Lesezeit: 2 min

Austrudeln ist in dieser letzten Juli-Woche angesagt. Und wo könnte man das besser als in einer Bar. Am besten in einer, dessen "Keeper" nicht nur bei Interieur und Getränken einen guten Geschmack hat, sondern auch, was die Musik betrifft

Von Oliver Hochkeppel

Endspurt. So wie die "stade Zeit" den Jahreswechsel einläutet, so kündigt die, sagen wir mal, "irre Zeit" im Juli das Schul- und Saisonende an. Der Verkehr kommt zum Erliegen, weil sich exotische Kennzeichen aus Holland, Finnland oder Miesbach zwischen die vielen Münchner zwängen, gleichzeitig aber schon die vielen Sommerbaustellen aufgebaut werden. Dreiviertel der Einladungen zu diversen Sommerfesten muss man absagen - wegen Terminüberschneidungen, aber auch, weil man ja noch so viel vorarbeiten muss vor dem Urlaub. Und die Veranstalter hauen noch mal auf den Putz, als gäbe es morgen kein Publikum mehr. Dann wird es langsam still.

Austrudeln ist also in dieser letzten Juli-Woche angesagt. Und wo könnte man das besser als in einer Bar. Am besten in einer, dessen "Keeper" nicht nur bei Interieur und Getränken einen guten Geschmack hat, sondern auch, was die Musik betrifft. Stefan Gabanyi hat den. Ich weiß noch, wie ich einmal spätabends in seiner wunderschönen Bar Gabanyi am Beethovenplatz eine halbe Stunde lang nur noch sporadisch am Gespräch teilnahm, weil der Mann tatsächlich die komplette "New Orleans Suite" von Duke Ellington laufen ließ. Besser noch, seit 2014 gibt es jeden Donnerstag Live-Musik, und die großartige Cellistin Fanny Kammerlander sucht sich fürs Programm quer durch alle Genres von Klassik bis Pop so schöne Rosinen heraus, dass ich mich ständig darüber ärgere, wie selten ich es dorthin schaffe. Wie gemalt ist denn auch das letzte Konzert vor der zweimonatigen Live-Sommerpause: Dr. Will wuchtet mit seinen Wizards krachenden Voodoo-Blues vom neuen Album "Addicted To Trouble" auf die kleine Bühne (27. Juli, 21 Uhr).

Kurz danach könnte man ein bisschen zurück in der Zeit gehen, ohne groß den Stil zu wechseln: Axel Zwingenberger, der große Deutsche unter den Boogie-Woogie-Pianisten, gibt sich wieder einmal im Brunnenhof der Residenz die Ehre (29. Juli, 20 Uhr). Und weil er dies zusammen mit seinem Bruder tut, dem versierten Schlagzeuger Torsten Zwingenberger (viele kennen ihn von Lyambico), wird es rhythmisch noch ein wenig forcierter als bei seinen Solo-Auftritten.

So richtig mit Schmackes kann man die Saison dann bei der letzten Bigband-Night im Juli in der Unterfahrt (31. Juli, 21 Uhr) verabschieden: Das Munich Modern Jazz Orchestra widmet sich einen Set lang dem Tango Nuevo von Astor Piazzolla auf seine Weise und mit dem vielfach preisgekrönten Akkordeonisten Vladislav Cojocaru als Gast. Nach der Pause stehen dann - ein ziemlich radikaler Schnitt - ausschließlich Titel der Konsensband schlechthin auf dem Programm, Radiohead nämlich. Apropos Unterfahrt: Dort macht man bekanntlich keine Pause, sondern spannende Jazz Summer Weeks. Die erste mit der bezaubernden Sängerin Sophie Wegener startet an diesem Dienstag. Man kann es also auch einfach weiterlaufen lassen.

© SZ vom 25.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: