Vorschlag-Hammer:Nach Kabul

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Der Musiker Ahmad Shakib Pouya soll nach Afghanistan abgeschoben werde, obwohl die Taliban dort seine Familie bedroht und er in Deutschland mittlerweile bestens integriert ist

Von Egbert Tholl

Der Gedanke ist zwingend. Albert Ginthör, Geiger im Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz und Organisator der Münchner Aufführungen der "Zaide" unter Mitwirkung von Menschen auf der Flucht, hatte ihn. Ginthör lernte in der Vorbereitung der Aufführungen Ahmad Shakib Pouya und dessen bizarren Fall kennen, der im Kern bedeutet, dass Pouya, trotz bester Voraussetzungen zur Integration und mit besseren Deutschkenntnissen ausgerüstet als mancher Einheimische, Deutschland verlassen soll. Er soll abgeschoben werden nach Afghanistan, obwohl dort die Taliban bereits einen Anschlag auf seine Familie verübt haben. Pouya ist unter anderem Musiker, und das mögen die Radikalislamisten nicht.

Albert Ginthör ist auch Musiker. Schon allein deshalb ist er mit Pouya solidarisch. Wie übrigens auch die Deutsche Orchestervereinigung, die gerade an die Bayerische Landtagspräsidentin Barbara Stamm und an Innenminister Joachim Herrmann Briefe schickte, in denen um Schutz für Pouya gefleht wird. Sollte, was Humanität und gesunder Menschverstand verhindern mögen, der schlimmste aller Fälle eintreten und Pouya ausreisen müssen, ist da noch Ginthörs Plan. Seine eben zwingende Argumentation: Wenn Afghanistan ein sicheres Land sei, dann kann er ja mitreisen. Was zu einer Erweiterung dieses Plans führt: Dann fliege ich auch mit. Ein SZ-Redakteur in Kabul, der einen von der Taliban gesuchten Intellektuellen und Künstler begleitet, das klingt, falls man es überlebt, nach einem interessanten Vorhaben. Aber Afghanistan soll ja sicher sein. Ich würde auch den für den Fall Pouya zuständigen Behörden eine Postkarte schreiben, falls möglich.

Wenn alles anders kommt, was ich hoffe, weniger wegen mir als wegen Pouya, dann höre ich mir am 18. Januar die konzertante Aufführung von Bizets "Perlenfischer" am Gärtnerplatztheater an. Hoffentlich mit Ginthör an der Geige, auf jeden Fall aber mit dem schönsten Männerduett der Operngeschichte.

© SZ vom 14.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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