Vorschlag-Hammer:Mehr Raum für Eigenlob

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Wer etwas Bleibendes schaffen will, sollte das Deodorant des Selbstbewusstseins aufsprühen. Oder um Freddy Mercury, die Queen-Mum aller Eitelkeiten, zu zitieren: "Ich wusste immer, ich bin ein Star, und jetzt scheint die ganze Welt das genauso zu sehen." Wer würde ihm widersprechen?

Von Michael Zirnstein

Stolz ist zwar, wie der Talmud lehrt, die Maske der eigenen Fehler. Hat an dieser Stelle also nichts zu suchen. Aber warum eigentlich nicht? Wer etwas Bleibendes schaffen will, sollte das Deodorant des Selbstbewusstseins aufsprühen. Oder um Freddy Mercury, die Queen-Mum aller Eitelkeiten, zu zitieren: "Ich wusste immer, ich bin ein Star, und jetzt scheint die ganze Welt das genauso zu sehen." Wer würde ihm widersprechen? Sicher nicht der Austrofred, der sich selbst "der Champion" nennt und als österreichische Wiedergeburt von Farrokh Bulsara alias Freddy Mercury sieht. Jedenfalls hat dieser schneidige Bursche mit Schnauzer, Spandex-Hoserl und über eine sympathische Plauze sich spannendes Feinripp-Leiberl auf Tollwood gerade eine Show abgezogen, für die ihn der leibhaftige Freddy geküsst hätte. Nicht nur, dass er Austro-Pop-Hits wie "Märchenprinz" kongenial über "Bohemian Rhapsody" und andere Queen-Klassiker sang und dabei Mercurys präpotenten Gestenschatz geschmeidig ins Alpenländische übertrug (immer noch zieht es mir eine "Ganslhaut" auf, wenn ich an die Abfahrhocke bei "Skifoan is des leiwandste" über "Bumm Bumm Tschack / We will rock you" denk). Der Champion teilte auch seine Weltbetrachtungen mit. Zum Beispiel, dass die Kollegen von Wanda (am 28. Juli beim Heimatsound-Festival in Oberammergau) zwar aussehen wie Bauarbeiter nach einem schwülheißen Arbeitstag, aber aus der Nähe betrachtet doch ganz adrett seien, im Gegensatz zu La Brass Banda (derzeit auf Bierzelt-Tour, etwa am 19. Juli in Untermenzing), die nach einer Mischung aus Jungs-Turnhallenumkleide und Axe müffeln. Und dann las er noch seinen Erlebnisbericht von einem Konzert der Rest- Queen vor (am 2. November wieder in der Olympiahalle), den es nur gibt, weil diese Redaktion die Idee hatte, ihn als Kritiker hinzuschicken - da kann man als Kulturreporter schon mal stolz sein, wenn man selbst zu einem Programm etwas beiträgt.

Stolz darf sein. Schließlich ist gerade Pride Week mit etlichen Veranstaltungen von der Rosa-Liste-Rathausführung bis zur Queer-House-Party mit DJ Karotte im Harry Klein Club, die in die zweitägige Straßenparty am Marienplatz zum Chri stopher Street Day mündet. Da darf München immer auch stolz darauf sein, dass sich ein Party-Tiger wie Freddy Mercury hier einmal wohlfühlte. "Wenn sich der Mercury im Glockenbachviertel eine Wohnung leisten konnte, kann ich das auch", sagt der Wiener Austrofred, der längst ein Halb-Münchner ist. Sein Auftritt beim Sommernachtstraum mit Feuerwerk im Olympiapark wird damit zum Heimspiel (29. Juli). Außer Peter Cornelius, der sich einmal mit dem Austrofred angelegt hat, weil der einen Song von ihm benutzte, ist da auch der Softie-Rapper Cro zu erleben. Ich weiß übrigens nach einem Interview, wie der ohne Panda-Maske aussieht, und darauf bin ich schon etwas stolz.

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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