Vorschlag-Hammer:Lebensstationen

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Belgrad, Budapest, München, Pressburg, Wien hießen die Städte, in denen Ödön von Horváth Kindheit und Jugend verbrachte. Und das war erst der Anfang

Von Sabine Reithmaier

Ödön von Horváth hat von Kindheit an ein unruhiges Leben geführt. Geboren 1901 in Sušak im Königreich Ungarn, heute ein Stadtteil des kroatischen Rijeka, blieb ihm nichts anderes übrig, als den beruflichen Stationen seines Vaters zu folgen. Der Mann war ungarischer Diplomat und wurde ständig versetzt. Belgrad, Budapest, München, Pressburg, Wien hießen die Städte, in denen Horváth Kindheit und Jugend verbrachte. Später kamen noch Murnau, Berlin, Salzburg dazu und, als letzter Ort, Paris, wohin sich der Schriftsteller vor den Nationalsozialisten geflüchtet hatte. Dort erschlug ihn 1938 auf den Champs-Élysées ein herabstürzender Ast.

Jede Menge Lebensstationen - ideal, um eine Revue im Stil der Zwanzigerjahre zu entwickeln, fand die in Murnau beheimatete Ödön von Horváth-Gesellschaft und kreierte die kabarettistische Reise Jetzt geh ich da so hin und her. Sieben Schauspieler verkörpern darin die sieben wichtigsten Städte in Horvaths Leben, philosophieren unter der Regie von Georg Büttel und Gaston Florin darüber, wie es dem Dichter ergangen wäre, wenn er denn am jeweiligen Ort geblieben wäre. Die Revue lief erfolgreich im vergangenen November bei den Horváth-Tagen in Murnau. Da es mutmaßlich Münchner gibt, die sie dort versäumt haben, kommt die Truppe jetzt nach München und reist noch einmal durch des Dichters Leben (Samstag, 28. Januar, 19.30 Uhr, Künstlerhaus am Lenbachhaus, Festsaal).

Eine ruhigere Jugend hatte August Sander, Sohn eines Bergbauzimmerers und 1876 in Herdorf im Siegerland geboren. Er entwickelte 1925 den ehrgeizigen Plan, die "Menschen des 20. Jahrhunderts" in einer Art Enzyklopädie dazustellen. 600 Aufnahmen von Vertretern aller Gesellschafts- und Berufsgruppen sollten entstehen, das Werk blieb unvollendet. Einen Schwerpunkt darin bilden die Berufsporträts, die er von Bauern, Handwerkern, Arbeitern, Technikern, Akademikern und Künstlern fertigte.

Dass dieses Thema immer noch aktuell ist, zeigt die Neue Galerie Dachau in der Ausstellung Berufsbilder. In der Schau ist Sander zwar auch vertreten, doch der Schwerpunkt liegt auf zeitgenössischen Fotografen. Herlinde Koelbl zum Beispiel, die die Musiker des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks porträtierte. Allerdings nicht im herkömmlichen Sinn, sondern sie rückte Instrumente und Hände der Musiker in den Mittelpunkt. Oder Thomas Bachler und Karen Weinert, die sich in ihrem Langzeitprojekt "Menschen des 21. Jahrhunderts" direkt auf den Pionier der Dokumentarfotografie beziehen. Zu sehen sind auch Werke von Joerg Lipskoch, Hannes Rohrer, Stefan Schröder und Albrecht Tübke (bis 19. März, Neue Galerie Dachau, Konrad-Adenauer-Straße 20, Di. bis So., 13-17 Uhr).

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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