Vorschlag-Hammer:König im goldenen Käfig

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Wem schnödes Betongold zu grau und trist ist, der investiert in Kunst und besucht beispielsweise das Pin-Fest

Von Evelyn Vogel

Zwei Wochen ist es her, dass ich an gleicher Stelle empfahl, neben den vielen Kulturterminen, die den Herbst so interessant machen, einem politischen Termin ungewöhnlich viel Beachtung zu schenken. In jener Nacht wurde Donald Trump zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt. Bislang weiß man zwar noch nicht, was Trump als Präsident wirklich tun und lassen wird. Was man aber seit Kurzem weiß, ist, dass er nicht vor hat, mit seiner gesamten Familie ins Weiße Haus einzuziehen. Die Ehefrau und der jüngste Sohn werden weiter im goldschimmernden Apartment im T-Tower in Manhattan mit Blick auf den Central Park wohnen. Er selbst muss ja notgedrungen den goldenen Käfig in luftiger Höhe verlassen und in diesen Flach-Bau in Washington einziehen. Ob er die zwei unterirdischen Stockwerke des Weißen Hauses zum Geldspeicher umfunktionieren wird, auf dass er wie Dagobert Duck täglich ein Goldbad nehmen kann? Wer weiß.

An Trump, der auch "The Donald" genannt wird, scheint das Gold jedenfalls zu kleben. Denn abgesehen von seinem blattgoldverbrämten Apartment gründet der Wohlstand des Mannes ja vor allem auf einem: dem Betongold. Etwas, von dem selbst kleine Kapitalanleger derzeit gerne sprechen. Wem aber schnödes Betongold zu grau und trist ist, der investiert in Kunst. Gerade jetzt, da allenthalben die Herbstauktionen anstehen. Und nicht zu vergessen: das traditionelle Pin-Fest am Samstag in der Rotunde der Pinakothek der Moderne mit der ebenso traditionellen Kunstauktion, deren Erlös die Freunde der Pinakothek der Moderne nutzen, um Ankäufe zu fördern. Die begehrten Tickets wären Gold wert, sind aber längst vergriffen. Wer Goldiges günstiger haben möchte, geht in die Kunsthalle, wo von Donnerstag an Spaniens goldenes Zeitalter gezeigt wird. Viele der gezeigten Schätze wären auf dem Kunstmarkt reichlich Gold und Silber wert. Aber hier geht es nicht ums Kaufen und Verkaufen, sondern um Wertschätzung, um Freude, um die Kunst des Schönen und Guten - wobei, Moment mal. Dass König und Kirche dieses goldene Zeitalter förderten, war nicht ihrem Kunstsinn zu verdanken, sondern ihrem Eigennutz, um schlechte Zeiten vergessen zu machen oder zu missionieren.

Mit Kunst missioniert heute nicht einmal mehr die Kirche. Und der Frei-Staat jedenfalls hat kaum noch Geld, um Kunst in Auftrag zu geben oder anzukaufen, was der Null-Etat der Pinakotheken immer wieder erschreckend eindrucksvoll belegt. Also bleibt dem betuchten Bürgertum nur, am Samstag eifrig mitzubieten, auf dass dieses Kunst-Gold heller und zum Wohle aller öffentlicher glänze als jenes, mit dem ein selbstverliebter Betongold-König namens Trump sich so gerne umgibt.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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