Vorschlag-Hammer:Kleines Land, große Kunst

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Warum gibt es in München kein Festival des österreichischen Films? Hier hat doch jedes Land seine Reihe, von Burkina Faso bis zur Türkei. Wie auch immer, die famosen Österreicher sind eh überall

Von Bernhard Blöchl

Eigentlich sollten an dieser Stelle ein paar Eindrücke aus dem neuen Film von Josef Hader stehen. Hier sollte zu lesen sein, was Wilde Maus so unwiderstehlich macht, wo es wiederum ein bisserl hakt, und überhaupt: Wie es denn nun ist, das Regie-Debüt des österreichischen Charakterkopfes. Sie sollten unbedingt erfahren, zu welchen Szenen im Schnee diese bildgewordene Symphonie des Niedergangs führt, ob Sex eine Rolle spielt und Liebe unter Männern. All das steht hier nicht. Zwar durfte ich die Tragikomödie über einen gekündigten und rachedurstigen Musikkritiker (Hader) bereits sehen, darf aber nix sagen. Weil der Film erst am 9. März im Kino startet und bei der Berlinale im Februar im Wettbewerb läuft. Also psssssst!

An den Schauspielerfilmemacherautorkabarettisten Josef Hader denke ich gerade, weil ich vor zwei Jahren neben ihm saß, beim Presse-Lunch des Film-Fernseh-Fonds Bayern (FFF), an dem ich an diesem Freitag erneut teilnehme. Ob Hader auch aufkreuzt, weiß ich nicht, aber schon das Lokal verspricht rot-weiß-roten Charme: Zum Ferdinand, wie schön. Für die Österreicher habe ich seit vielen Jahren eine große Schwäche, also kulturell gesehen. Nehmen wir zum Beispiel Georg Friedrich, die Schauspielwucht aus Wien, der mit seiner lässigen Hinterfotzigkeit jeden Film zum Ereignis macht. Nicht ohne Grund tragen Kinowerke mit dem blonden Bengel Titel wie "Wild" und jetzt eben "Wilde Maus". Auf der Berlinale ist er zweimal vertreten, und am 2. März startet die schwarze Komödie Der Hund begraben. Seine Wiener Kollegin Nora von Waldstätten ist auch so eine, die über Österreich hinaus Karriere macht. An der Seite von Josef Hader kennt man sie, derzeit darf sie sich neben dem Hollywood-Star Kristen Stewart bewähren, in Olivier Assayas' Genre-Bastard Personal Shopper. Leiwand! Ebenfalls gerade angelaufen ist Stefan Ruzowitzkys düsterer Wien-Thriller Die Hölle - Inferno mit Tobias Moretti, und ich frage mich nicht erst seit Maria Schraders Stefan-Zweig-Episodenkunststück "Vor der Morgenröte" (ebenfalls mit Josef Hader): Warum gibt es in München kein Festival des österreichischen Films? Hier hat doch jedes Land seine Reihe, von Burkina Faso bis zur Türkei.

Wie auch immer, die famosen Österreicher sind eh überall. Auf den Kleinkunstbühnen begeistern Adele Neuhauser (lesend, siehe Interview nebenan), das göttliche Kabarett-Duo Stipsits und Rubey (25. Januar, Lustspielhaus), die Wissenschaftskomiker Science Busters (20. Januar, Lustspielhaus) und der unermüdliche Allrounder Werner Schneyder (28. und 29. Januar, Lustspielhaus). Den deutschsprachigen Pop mischen seit ein paar Jahren die herrlich präpotenten Bands Bilderbuch (30. März, Zenith) und Wanda (23. März, Zenith) auf. Eine Schau sind auch Die Strottern, die das Wiener Lied zum Weltmusik-Phänomen hochjazzen (29. Januar, Fraunhofer). TV-Serien ("Braunschlag"), Literatur (endlich bestätigt: Heinrich Steinfest liest am 2. März im Literaturhaus) - ach, wo mit dem Schwärmen aufhören? Kleines Land, große Kunst. Mein Lieblingsmensch (klein, große Kunst) ist ebenfalls Österreicherin.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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