Vorschlag-Hammer:Jacklschutzer und Hemadlenzer

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Wer den Unsinnigen Donnerstag nutzen möchte, um eigenartige bayerische Bräuche zu studieren, sollte flugs nach Mittenwald aufbrechen

Kolumne von Sabine Reithmaier

Wer keinen Spaß versteht, versteht auch keinen Ernst" - das ist doch ein perfektes Motto für den Unsinnigen Donnerstag. Aber an den Termin dachte das Tegernseer Olaf-Gulbransson-Museum sicher nicht, als es als Titel für seine aktuelle Sonderausstellung ein Zitat des Münchner Cartoonisten Papan alias Manfred von Papen wählte.

Zur Ausstellung passt das Motto natürlich auch, denn Papan sinniert dort über die Zeit, den Tod und andere lebenswichtige Dinge. In 150 Zeichnungen und diversen Objekten seziert er Eigentümlichkeiten des menschlichen Miteinanders, zeichnet skurrile Alltagsszenen, analysiert mit spitzer Feder das Verhalten von Ehepaaren, Karrieristen oder Selbstverwirklichern. Vieles hat er vermutlich selbst erlebt; schließlich hat der gebürtige Hamburger und Wahlmünchner nach seiner Buchhändlerlehre als Schaffner, Requisiteur, Nachtwächter und Schauspieler gearbeitet, bevor er sich schnell als Cartoonist in diversen Zeitungen einen Namen machte (bis 12. Mai, Rosenmontag, Faschingsdienstag ist das Museum geschlossen).

Wer den Unsinnigen Donnerstag allerdings nutzen möchte, um eigenartige bayerische Bräuche zu studieren, sollte flugs nach Mittenwald aufbrechen. Mit dem 12-Uhr-Läuten der Pfarrkirche springen zwölf Schellenrührer aus einem Haus am Obermarkt. Die Herren tragen kurze Lederhosn, weiße Hemden, Larven vor dem Gesicht, am Gürtel hängen schwere Ochsenglocken, die bei jedem Sprung scheppern. Eine sehr schweißtreibende Methode, um den Frühling herbei zu läuten. Ihnen folgen eine Menge anderer Figuren, etwa die Jacklschutzer, die den Winter als Stoffpuppe mit sich herumschleppen und ihn immer wieder in die Luft "schutzn".

Letzteres erinnert ja ein wenig an das ebenfalls am Unsinnige Donnerstag stattfindende Hemadlenzen in Dorfen (Landkreis Erding). Gekleidet in lange Nachthemden - die Männer mit schwarzen Zipfelmützen, die Frauen mit weißen Nachthauben - zieht eine singende, tanzende Horde mit dem "Hemadlenz", einer Strohpuppe, durch die Stadt. Zum Finale wird die Puppe unter lautem Gejohle in der Stadtmitte verbrannt. Auch das wohl ursprünglich ein Ritual, um den Winter auszutreiben. In der alemannischen, schwäbischen und badischen Fasnacht ist dieses Treiben fast in jedem Dorf üblich - nur dass die Hemadlenzer dort Hemdgluncker heißen. Vielleicht hat den Brauch ja ein Auswanderer mitgebracht.

Letzteres gilt nicht für den Chinesenfasching in Dietfurt (Kreis Neumarkt). Angeblich ließen die Dietfurter im Mittelalter einen Steuereintreiber einfach vor der Stadtmauer stehen. Der Kämmerer beschwerte sich beim Eichstätter Bischof, dass sich die Einwohner "wie die Chinesen" hinter ihrer Mauer verschanzten. Die Faschingstradition ist deutlich jünger: 1928 trat die Stadtkapelle erstmals chinesisch gewandet auf. Inzwischen leistet sich der Ort für diesen Tag sogar einen Kaiser, der in einem Faschingszug durch die Straßen getragen wird.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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