Vorschlag-Hammer:Gespannt auf die Kritiken

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Wenn am nächsten Donnerstag die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen der Unterfahrt beginnen, dann wird spätabends das Gros der Münchner Jazzkritiker selbst auf der Bühne stehen und - soweit es möglich ist - Musik machen. Das dürfte nicht nur für die Kritiker, sondern auch für das Publikum eine Herausforderung sein

Kolumne Von Oliver Hochkeppel

Jeder hat sich schon über Kritiker geärgert. Das liegt in der Natur der Sache, ist Kunst doch in letzter Instanz Geschmackssache. Soll heißen, ein (guter) Kritiker versucht zwar, die Maßstäbe offenzulegen, nach denen er urteilt, aber es gibt eben auch immer andere Kategorien als seine. So wird es sicher auch Ihnen schon so gegangen sein, dass sie es völlig unverständlich fanden, wenn in dieser Zeitung ein Ralf Dombrowski diesen doch so sympathischen Pianisten abgekanzelt oder dieser Hochkeppel einen verfrickelten Saxofonisten über den grünen Klee gelobt hat, wenn Roland Bisswurm im BR über Abseitiges schwer begeistert war oder Roland Spiegel eine enge Verwandtschaft zwischen Musikern festgestellt hat, die doch nach Ihrem Empfinden überhaupt nichts miteinander zu tun haben.

Jetzt können Sie sich mal rächen. Wenn am nächsten Donnerstag die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen der Unterfahrt beginnen, dann wird spätabends das Gros der Münchner Jazzkritiker, neben den bereits Genannten auch Klaus von Seckendorff, Ulrich Habersetzer, Ulrich Möller-Arnsberg und Andreas Florek, selbst auf der Bühne stehen und - soweit es ihnen möglich ist - Musik machen. Nicht nur Profimusiker schlüpfen dann in die Rolle der Kritiker, auch Sie können das. Stifte und Zettel liegen aus, Ihr Urteil wird auf jazzzeitung.de online gestellt. Sie werden feststellen, dass das nicht nur für uns, sondern auch für Sie eine Herausforderung sein wird.

Natürlich ist dieses Laienspiel - wenn auch vom Weltklasse-Bassisten Wolfgang Schmid erdacht und zusammengehalten, sowie von der Profi-Sängerin Caro Roth begleitet - nur ein kurioser Gimmick im opulenten, über das ganze Einstein-Kulturzentrum verteilten Festprogramm. So viel ist geboten, dass in den Vorankündigungen gar nicht alles gewürdigt werden kann. Deshalb noch ein paar persönliche Empfehlungen. Direkt vor der Kritikerband spielt die Jazzrausch Bigband (15. März, 21.45 Uhr), und wer diese junge Münchner Truppe, die in ihren konkurrenzlos divergierenden Programmen von Bruckner über Swing und Hip-Hop bis zum Techno alles Mögliche gekonnt in den Jazz überführt, immer noch nicht gesehen hat, der sollte das jetzt unbedingt nachholen. Beim Jacob Manz Project können sie einen 17-jährigen Altsaxofonisten erleben, der Ihnen den Draht aus der Mütze bläst (17. März, 19.30 Uhr). Und schon einen Tag vor den Jubiläumskonzerten ist beim Unterfahrt-Besuch ein überwältigendes Seelenbad garantiert: Bei den grandiosen "Cinema Scenes" des Wiener Klaus Paier & Asja Valcic Quartets (14. März, 21 Uhr).

© SZ vom 10.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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