Vorschlag-Hammer:Geld ist nicht alles

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Kultur lebt vom Austausch, bleibt sie unter sich, degeneriert sie. Deshalb ist supranationale Kooperation in allen Sparten selbstverständlich

kolumne Von Oliver Hochkeppel

Fußball ist ein einfacher Sport. Die wichtigste Regel lautet: Geld schießt Tore. Langfristig setzt sich der Verein durch, der sich die meiste Qualität auf den Platz und auf die Bank kaufen kann. Das hat in den großen Fußballländern zu Mono- oder Duopolen geführt. Nur in England werden gleich fünf, sechs Vereine mit so viel Geld zugepflastert, dass es noch spannend bleibt. Die machen gerade, welch Zufall, auch bei den zur Oligarchie geronnenen internationalen Wettbewerben die Titel unter sich aus.

Der Kulturbetrieb ist nicht so simpel gestrickt. Zu viele Akteure, zu verschiedene Regeln. Und das Schlimmste: Es geht meist gar nicht ums Gewinnen. Trotzdem hilft Geld natürlich auch hier. Gerade erst war ich bei einem sehr schönen Jazz-Festival in Luxemburg, dem "Like a Jazz Machine" in Dudelange. Seit acht Jahren gibt es das jetzt, und selbstverständlich profitieren die Veranstalter davon, dass Luxemburg das Land mit dem weltweit höchsten Bruttosozialprodukt pro Einwohner ist. Und sich ein piccobello Kulturzentrum Opderschmelz, ordentlich Förderung und mit "music:LX" einen schlagkräftigen Dachverband leisten kann. Trotzdem will die Vorlage auch erst verwandelt werden. Das schaffen die Macher dort mit einer klugen Mischung aus heimischen und internationalen Größen.

Gerade Kultur lebt vom Austausch, bleibt sie unter sich, degeneriert sie. Deshalb ist supranationale Kooperation in allen Sparten selbstverständlich, dafür muss man nur mal den kommenden Samstag checken: Der Japaner Shinya Fukumori etwa ist seit einiger Zeit fester Bestandteil der Münchner Jazzszene und holt sich für seinen Auftritt in der Unterfahrt den norwegischen Saxofonisten (nicht Trompeter, wie ich neulich versehentlich geschrieben habe) Trygve Seim an seine Seite. Im Lustspielhaus kittet Gayle " American Woman" Tufts mit ihrer bilateralen Alltagsbeobachtungen auf Denglish die angespannten deutsch-amerikanischen Beziehungen mit Humor. Und auch der deutsche Schauspielstar Mario Adorf ist nicht nur in der Schweiz geboren, sondern kulturell ein halber Italiener. Was sicher eine Rolle spielt, wenn er im Deutschen Theater unter dem Titel "Zugabe" erzählend, lesend und singend seine Karriere Revue passieren lässt. Für all das muss man nicht viel Geld investieren, um viel Gewinn daraus zu ziehen.

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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