Vorschlag-Hammer:Exotische Verlockungen

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Die gebildeten suchen die Erfüllung ihrer Sehnsüchte nach Exotischem oft auf den Bühnen, auf die sie als Zuschauer blicken. In der Pasinger Fabrik und den Kammerspielen werden sie fündig

Von Eva-Elisabeth Fischer

Wie das wohl ist, wenn ein Afrikaner den Stofferl Well in der Lederhos'n die Harfe zupfen sieht. Ob er da eine Sehnsucht nach Erkenntnis im Fremden hat? So wie unsereins, wenn er einen Derwisch im weiten Rock sich drehen sieht, wie der einen Arm nach oben und den anderen nach unten richtet, also gen Himmel weist und gleichzeitig sich erdend? Und ob der Afrikaner ein bisschen neidisch ist, wenn er dem bayerischen Harfenspieler beim Saitenzupfen zuschaut so wie wir dem in Trance Kreiselnden? Neidisch, weil ein jeder ja meint, dass das Gras in der Ferne grüner sei und dass die geheimnisvolle fremde Kultur vielleicht ein größeres Zipfelchen vom Mantel des lieben Gottes erhascht, jedenfalls mit einer Spiritualität lockt, wie man sie von der eigenen nicht erwartet.

Die gebildeten Bürger überlassen die Erfüllung ihrer Sehnsüchte nach dem Exotischen den Professionellen. Sie gehen ins Theater und ergötzen sich in der Oper und im Ballett daran, wie etwa so ein Schmetterlingsfrauchen im Kimono heillos in den Tod trippelt wegen eines amerikanischen Sauhunds oder ein fremdländisches Sklavenmädchen von einem fiesen Römer auf die Lagerstatt gezwungen wird.

Doris Dörrie, auch sie vom Exotischen, speziell dem Japanischen und dessen Förmlichkeit angezogen, betört in ihrem Film "Kirschblüten - Hanami" ausgerechnet mit dem traurig-schönen Auftritt der Butohtänzerin Aya Irizuki. Sie war sich dessen bestimmt sehr wohl bewusst und deshalb thematisch treffsicher, dass beim Butho, dem Tanz der Finsternis, immer auch das Morbide, ja der Tod in jeder Geste, in jeder Bewegung mittanzt. Man kann wohl allerdings davon ausgehen, dass das nun gemeinsam von Dörrie mit Irizuki erarbeitete Butoh-Theaterstück A Woman's Work Is never Done mit Profitänzerinnen ab 60 Jahren aufwärts sich noch weiter vom Ursprung des Butoh entfernt als es vor allem in den westlichen Varianten der vergangenen 30 Jahre der Fall war. Wie das dann ausschaut, kann man am 15. bis 17. Februar, jeweils um 20 Uhr in der Pasinger Fabrik begutachten.

Und dann gleich am 18., ebenfalls 20 Uhr, in die Kammerspiele gehen und bei der Premiere überprüfen, was in Nō Theater, der neuen Arbeit des japanischen Autors und Regisseurs Toshiki Okada, vom traditionellen Nō noch übrig ist. Nō lebt von seinen Formen und Regeln. An diesem Abend spielt unter anderen Anna Drexler mit, eine Frau - und sie ist nicht die Einzige -, und das, wo doch im klassischen Nō ausschließlich Männer auftreten. Vielleicht trägt sie ja Maske. Dann sieht man's nicht. Falls es da überhaupt noch Masken gibt.

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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