Vorschlag-Hammer:Erlebnisraum

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Im Ingolstädter Museum für Konkrete Kunst ist man findig im Bemühen, Besucher ins Haus zu locken

Von Sabine Reithmaier

Noch alle Tassen im Schrank? Wahrscheinlich schon. Und wahrscheinlich auch nicht nur alle, sondern viel zu viele, weshalb Sie locker einige abgeben könnten. Allerdings nur welche mit passenden Untertellern - sonst nimmt sie das Ingolstädter Museum für Konkrete Kunst nicht. Das Haus will das Geschirr nutzen, um die Form- und Design-Vielfalt der Porzellanindustrie zu dokumentieren. Aber nur Geschirr hinbringen, das Sie wirklich nicht mehr brauchen: Die Haferl landen in einer Installation, die das Prinzip der Sammeltassen neu denkt.

Der Aufruf, Tassen abzugeben, passt zur aktuellen Ausstellung, die Designobjekte des Sammlerpaars Inge und Wilfried Funke zeigt: Mokkakännchen, Blumenvasen, Kaffeetassen, aber auch Objekte aus den Gefilden der industriellen Keramik oder der Glasproduktion, viele davon Klassiker, gestaltet von Designern wie Walter Gropius oder Dieter Rams. Dazwischen mischen sich Werke Martin Fengels, in denen der Münchner Zeichner, Filmemacher und Fotograf versucht, aus den Objekten ihr für uns ansonsten verborgenes Leben herauszukitzeln.

Die Museumsleitung ist ziemlich findig in ihrem Bemühen, Besucher ins Haus zu locken. Wer Lust hat, kann dort mitten im Ausstellungsraum Geburtstag feiern oder ein Kaffeekränzchen abhalten. Dafür wurde die Aktion "Rent-a-Table" kreiert, die es ermöglicht, einen gedeckten Kaffeetisch zu buchen, leider nur zu den regulären Öffnungszeiten. Aber sonst echt toll! Und keine Angst: Es ist schon auch noch möglich, sich einfach nur die Ausstellung anzusehen (Funke Fengel: Martin Fengel zu Gast in der Designsammlung Funke, bis 25.2., MKK, Ingolstadt).

Der Wunsch, Besuchern außergewöhnliche Erlebnisse zu bieten, ist auch ein Kennzeichen des Literarischen Herbsts im Landkreis Starnberg. Seine Erfinder, die Kulturveranstalterin Elisabeth Carr und der Schriftsteller Gerd Holzheimer, entführen ihr Publikum seit 2003 zu Lesungen an abseitige Orte, dieses Mal zum Beispiel in den 1804 gegründeten Gemischtwarenladen Johann Biller an der Starnberger Hauptstraße (14.10., ausverkauft). Vergleichsweise harmlos wirkt die literarisch geprägte Exkursion zur Kirche St. Peter und Paul nach Harkirchen, einem Ortsteil von Berg. Vielleicht stand dort einst Ignaz Günthers berühmte Starnberger Heilige als Altarfigur, Kunsthistorikerin Katja Sebald bemüht sich um Aufklärung (1.10., 13.30 Uhr, Schloss Kempfenhausen).

Eine echte Rarität bietet das Pollinger Dream House, auch ohne Live-Konzert schon ein sehr sehenswertes, begehbares Kunstwerk aus Klang und Licht, geschaffen vom New Yorker Künstlerpaar La Monte Young und Marian Zazeela. Dort wird am Samstag La Monte Youngs "The Second Dream of the High-Tension Line Stepdown Transformer from the Four Dreams of China" in der Version für acht Trompeten aufgeführt. Eigentlich sind es nur vier Töne, die die Musiker nach und nach einführen werden. Doch entstehen wird ein vibrierendes, harmonisches Raum-Klang-Gebilde, getaucht in Zazeelas Magenta-Licht. Ganz sicher ein nachhaltig beeindruckendes Ereignis (30.9., 19 Uhr, Dream House, Polling, Georg-Rückert-Str. 1).

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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