Vorschlag-Hammer:Die Antwort

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Vor zwei Wochen stellten wir an dieser Stelle eine Frage ans Kulturreferat zur Förderung der freien Theaterszene. Die Antwort von Kulturreferent Hans-Georg Küppers: Die Begründung der Jury war unglücklich formuliert. Alles gut also? Mitnichten

Von Egbert Tholl

Vor zwei Wochen stellten wir an dieser Stelle eine Frage ans Kulturreferat. Die Jury für die Förderung der freien Theaterszene in München gewährte Alexander Giesche und seiner Gruppe GIESCHEand ein "Arbeits- und Fortbildungsstipendium" in Höhe von 8000 Euro für Recherche im Silicon Valley. Begründung: Giesche plane ein spielzeitübergreifendes Projekt namens "Future Shock" an den Kammerspielen. Mithin musste man davon ausgehen, dass ein winziger Teil der Förderung der freien Szene ausgegeben wird, um ein Projekt der Kammerspiele mitzufinanzieren.

Die Antwort von Kulturreferent Hans-Georg Küppers: Die Begründung der Jury war unglücklich formuliert. Giesche plane ein Projekt, das mit dem oben genannten "Future Shock" überhaupt nichts zu tun habe, und es sei noch gar nicht klar, ob und wo es herauskäme. Mithin: ein echtes Recherche-Stipendium, nicht verbunden mit einem konkreten Ergebnis. Dazu meinte Kammerspiel-Intendant Matthias Lilienthal, Alexander Giesche werde in der kommenden Saison zwar zwei Sachen an den Kammerspielen machen, aber eben nicht das.

Alles gut also? Mitnichten. Denn Giesche erhält das Stipendium, weil er an den Kammerspielen arbeitet. Dieser Konnex bleibt. Das Label Kammerspiele bringt ihm die Kohle. So geht es auch anderen der geförderten freien Projekte, in deren Jury-Begründung zu lesen ist, die Jury befürworte entweder die fürs Vorhaben avisierte Kooperation mit den Kammerspielen oder freue sich gleich konkret darüber, dass "während der Konzeptionsphase mit Jugendlichen des Kammer-Clubs der Kammerspiele" zusammengearbeitet werde. Man kann wohl vermuten, alle nicht geförderten Projekte, für die Künstler Geld beantragten, die teilweise schon seit Jahrzehnten die freie Szene Münchens prägen, konnten nicht mit einer prognostizierten Nähe zur Institution Kammerspiele prunken. Die freie Szene Münchens bemisst sich zunehmend nach ihrem Grad der Nähe zu Matthias Lilienthal. Auch der Kulturreferent Hans-Georg Küppers meint, er verstehe es, dass man mit einer freien Produktion in die technisch am besten ausgestatteten Räume wolle, und die stünden nun einmal in den Kammerspielen zur Verfügung. Auf die Frage, ob er da nicht eine Beschneidung der ästhetischen Vielfalt befürchte, meint er, Kooperation sei nicht das täglich Brot, und er wollte sehr wohl eine große Bandbreite.

Und so kehren wir zum Titel dieser Kolumne zurück. Ein Vorschlag: Das Kulturreferat erhöht mit Infrastrukturmaßnahmen weiter die Attraktivität der echten Spielstätten der freien Szene in München, ungeachtet des Wartens auf ein dereinst vielleicht kommendes Kreativquartier; und die freie Szene selbst gewinnt ihren Stolz zurück und giert nicht danach, im Schaum der vielen Gastspiele, Konzerte und auch Eigenproduktionen der Kammerspiele unterzugehen.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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