Vorschlag-Hammer:Das große Pling

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Ein Auftritt von Dieter Meier war der Grund dafür, dass mich ein Mitglied des BR-Symphonieorchesters in einen Kellerclub im New Yorker Stadtteil Soho schleppte. Ich dachte mir, ja den kenne ich doch, der ist die Hälfte von Yello, diesem lustigen Schweizer Duo, das von Ende der Siebzigerjahre an Musik machte, von der man nie genau wusste, ist sie genial oder ein großer Witz, ein auf Platte gepresstes Happening, ein Kunstprojekt oder einfach fabelhaft

Kolumne von Egbert Tholl

Als ich im Frühjahr vergangenen Jahres in New York war, weil das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der Carnegie Hall spielte, verschleppte mich an einem freien Tag ein Mitglied des Orchesters in einen Club in Soho. Der Grund war ein Auftritt von Dieter Meier dort. Ich dachte mir, ja den kenne ich doch, der ist die Hälfte von Yello, diesem lustigen Schweizer Duo, das von Ende der Siebzigerjahre an Musik machte, von der man nie genau wusste, ist sie genial oder ein großer Witz, ein auf Platte gepresstes Happening, ein Kunstprojekt oder einfach fabelhaft.

Irgendetwas Ähnliches erwartete ich damals in Soho, als ich die Treppe in den Kellerclub hinunter stieg. Doch dort gab es kein Fiep und kein Pling, keine große Elektro-Sause oder avantgardistische Computerklänge. Nein, dort brummte ein Mann am Klavier. Und er brummte so, als meinte er mit seinem Brummen alle Männer, die viel erlebt haben, vor allem in der Nacht. Es waren wirkliche Nachtgesänge, schwermütig, als verwende man ein Gemälde von Edward Hopper als Partitur. Und doch war da irgendetwas seltsam Schräges drin, etwas leicht Schiefes, das es so gar nicht leicht machte, diese Gesänge als Altherrentrübsal von sich weg zu drängen.

Ein bisschen dämlich könnte man auch sagen, Meiers Soloplatte ist wie der Wein, den er selber anbaut. In Argentinien. Ich habe schon lange ein paar Flaschen Dieter-Meier-Wein im Keller; die schmecken tatsächlich eher wie die Soloplatte, weniger nach Yello. Yello ist überhaupt keine Wein-Musik, dennoch gehe ich am nächsten Dienstag, 5. Dezember, in das Konzert in der Olympiahalle. Aber dort trinkt man nie Wein, es sei denn, man weiß nicht, was das ist. Dieter Meier indes habe ich einmal beim Weintrinken beobachten können. Das war in Zürich, in der Kronenhalle. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er nicht seinen eigenen Wein trank, der dort auf der Karte steht. Vielleicht ist er einfach nur neugierig auf Neues.

© SZ vom 02.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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