Vorschlag-Hammer:Das Buch für alle Felle

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Gegen schleichende kulturelle Verarmung gibt es ein probates Mittel: Literatur kaufen, verschenken oder gleich selber lesen

Kolumne von Antje Weber

Kürzlich, bei der Tukan-Preisverleihung, erzählte die Schriftstellerin Susanne Röckel in ihrer Dankesrede davon, wie sie auf einmal keinen Verlag mehr fand. Dabei war sie längst eine gestandene Schriftstellerin, mit einem mehrfach ausgezeichneten Werk. Die Durststrecke dauerte etliche Jahre; es waren Jahre, in denen Röckel schon dachte, sie müsste ihren Beruf "an den Nagel hängen"; Jahre, in denen sie Angst hatte, "die Lust am Schreiben zu verlieren".

Am Ende ging die Sache gut aus: Es fand sich ein kleiner Verlag, und das schließlich erschienene Buch mehrte dessen Ruhm und den der Schriftstellerin. Doch selbstverständlich ist so ein Glück nicht. Wenn immer mehr Verlage risikoreiche Investitionen scheuen, wenn immer weniger Buchhändler die Programme kleiner Verlage und nicht bestsellerverdächtiger Autoren auslegen, weil immer weniger Käufer ... Und so weiter. Ja, das alles kann einem natürlich herzlich egal sein. Man kann eine schleichende kulturelle Verarmung aber auch jammerschade finden. Was tun? Selbstredend: Bücher kaufen. Hier ein paar garantiert subjektive Tipps; und nein, man muss die Bücher nicht verschenken: Man kann sie auch alle selber lesen.

Ein Roman für Frauen über vierzig, die einigen Grund zur Melancholie haben und dem Leben trotzdem lakonisch gute Momente abtrotzen? Lucy Frickes "Töchter" (Rowohlt). Ein Roman für überforderte junge Väter? Juli Zeh s "Neujahr" (Luchterhand). Ein Roman für Frauen und Männer in jedem Alter, wenn sie nur ein Gespür für brüchigen Humor haben? Wolf Haas ' "Junger Mann" (Hoffmann und Campe). Ein hochaktuelles Jugendbuch, das auch wenig lesebegeisterte Jugendliche für das Thema Rassismus interessieren kann? Jason Reynolds ' "Nichts ist okay!" (dtv Taschenbuch). Ein Buch, das anschaulich Geschichte vermittelt? Die Kehrseite des deutschen Wunders. Franziska zu Reventlow und der Erste Weltkrieg (Volk Verlag, herausgegeben von Kristina Kargl und Waldemar Fromm) - weil es atemraubend ist, mit welchem Mut die Schwabinger Bohemienne 1917 ihren Sohn aus der Armee befreite. Ein Gedichtband für alle Fälle? Sylvia Geist s "Fremde Felle" (Hanser Berlin). Ein Buch für Münchner Kneipengänger? Das Bordbuch MS Alte Utting von Weronika Demuschewski und anderen (Franz Schiermeier Verlag). Ein Begleiter für Aufbrüche zu neuen Ufern? Barbara Yelin s wie immer s ubtil und s ugge s tiv im Stil einer Graphic Novel gezeichneter Jahreskalender Über Unterwegs (Reprodukt). Ein Buch für erfahrene Leser, die ein paar Irritationen aushalten? Susanne Röckel s "Der Vogelgott" (Jung und Jung). Röckels nächstes Buch soll übrigens im kommenden Jahr erscheinen. Im selben Verlag.

© SZ vom 20.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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